„Mindset“ von Sebastian Hotz: Was taugt der erste Roman von El Hotzo?
Als El Hotzo hat Sebastian Hotz Millionen Follower – jetzt erscheint mit „Mindset“ sein erster Roman. Eine vor Gags sprühende Auseinandersetzung mit modernen Männern.
„Gendergaga‘ ist, wenn man mit den bevorzugten Pronomen angesprochen werden will, völlig normal ist es hingegen, Kinder dazu zu zwingen, mit Autos und Waffen zu spielen, weil sie einen Penis haben.“ – „Das Schlimmste an Selfcare: dass man sich selbst drum kümmern muss.“ – „Warum reden wir beim Thema Übergewinne immer nur von Energiekonzernen und nicht auch von Bahnhofsbäckereien, niemand kann mir erzählen, dass ein Käsebrötchen 6 Euro kostet.“
An den lakonisch-sarkastischen Tweets von El Hotzo kommt man nicht vorbei. Entweder man gehört selbst zu den mehr als 500.000 Twitter- und 1,2 Millionen Instagram-Followern, oder man bekommt seine Beiträge von anderen zugeschickt. Nun hat El Hotzo, der außerhalb des Internets Sebastian Hotz heißt, bei Kiepenheuer & Witsch einen Roman veröffentlicht. Der 27-Jährige, der unter anderem als Autor bei Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ arbeitet und mit der TV-Moderatorin Salwa Houmsi einen Podcast betreibt, verkündete in ungewohnt rührseliger Manier, dass er in seinem Leben noch nie auf etwas so stolz gewesen sei wie auf dieses Buch.
In goldenen Lettern prangt darauf der Titel: „Mindset“. Dahinter verbirgt sich Trostlosigkeit. Trostlose Ortschaften, trostlose Bahnhöfe, trostlose Tagungsräume, trostlose Männer, meist in SlimFit-Anzügen. Warum er für sein Romandebüt ein derart tristes Setting gewählt hat, erklärt Hotz so: „Mir gehen Orte, deren Schönheit sich erst auf den zweiten oder gar dritten Blick zeigt, einfach näher. Ein Ort wie Gütersloh oder Mülheim an der Ruhr ist ein bisschen wie mit Tofu kochen: im Rohzustand langweilig und trostlos, doch bei eingehender Beschäftigung damit entfaltet sich sein komplettes Potenzial.“
In „Mindset“ geht es um Menschen, die sich verloren und unglücklich fühlen in der Gleichförmigkeit ihres Alltags, der von ihrem Vollzeitjob bestimmt wird, der sie zusammen mit dem Zufluchtsort Internet in die gesellschaftliche Vereinsamung treibt. Ein Szenario, das Hotz selbst nicht fremd ist: Bevor er als El Hotzo bekannt wurde, absolvierte er ein duales Studium bei Siemens und kümmerte sich um Vertragswerke im Zusammenhang mit Dampfturbinen. Nicht wirklich eine Beschäftigung, die ihn erfüllte.
Es geht um (natürlich ziemlich lächerliche) Männer
Vor allem geht es in „Mindset“ aber um Männer. Um Männer, die bei dem Versuch, ihre Verlorenheit mit großen Posen zu tarnen, nur noch als bemitleidens- bis verachtenswert wahrgenommen werden können. Die Schäden, die das Patriarchat bei seinen eigenen Profiteuren angerichtet hat, werden an einem bestimmten Männlichkeitsverständnis durchexerziert: Selbstüberschätzung führt vermeintlich direkt zu Selbstverwirklichung. Ich Wolf, du Schaf – und dabei suchen all diese verunsicherten Männer eigentlich nur nach dem wärmenden Trost der Herde.
In Hotz’ Roman stehen dabei zwei Männer im Mittelpunkt der Handlung: einer, der scheinbar alles hat, was man sich wünschen kann – teure Autos und Uhren, viele Follower, Erfolg –, und einer, der mithilfe der Seminare des Erfolgreichen alles so schnell wie möglich auch für sich selbst erreichen will. Weibliche Figuren tauchen nur auf, um das lächerliche Verhalten der Männer zu spiegeln – falls die Leserschaft selbst noch nicht darauf gekommen ist.
Der Mann als Betrachtungsobjekt in Hotz’ Schaffen ist nichts Neues: „Männer haben Superbowl-Partys erfunden, weil sie sich nicht trauen, ihre Freunde einfach so zum Übernachten einzuladen.“ – „Echte Männer weinen nicht, außer wenn in einem Text gegendert wird.“ – „Wenn ein Mann jemanden mansplaint, ist es nervig, wenn sich zwei Männer gegenseitig mansplainen, ist es ein Podcast.“ – „Echte Männer reden nicht über Gefühle, echte Männer nehmen alles stillschweigend hin, um eines Tages auf der Fahrt in den Familienurlaub beim kleinsten Stau komplett auszurasten und die Familie an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen und dann so zu tun, als wäre nichts gewesen.“
Doch Druck, seinen Twitter-Humor auf das Buch zu übertragen, habe Hotz kaum verspürt: „Lustig ist es am Ende trotzdem geworden. Ich wollte etwas schaffen, das auf eine andere Art zum Lachen bringt und dessen Humor sich im Gegensatz zum Punchline-Gewitter aus der Handlung selbst ergibt. Ich glaube, wer meine Tweets lustig findet, wird das Buch auch lustig finden. Und wer meine Tweets scheiße findet, der kann mir ja hier eine neue Chance geben.“