Mikrochirurgie: Andrew Eldritch von den Sisters Of Mercy seziert David Bowie
Ein Fundstück aus dem Archiv, empfohlen von unserem Rolling Stone-Archivar DJ@RSO. In Los Angeles trafen im Sommer 1995 zwei geistesverwandte Seelen aufeinander. Andrew Eldritch von den Sisters Of Mercy und David Bowie. Der Anlaß: "Outside", das damals gerade aktuelle Werk des einstigen Thin White Duke.
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Zum neugierig machen, haben wir einen dieser empfohlenen Artikel hier einmal freigeschaltet. Ergänzend zu unserer Story „David Bowie – Ein Alien zum Anfassen“ gibt es diese Begegnung zwischen Andrew Eldritch und David Bowie. Viel Spaß beim Lesen!
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Mikrochirurgie
Andrew Eldritch von den Sisters Of Mercy seziert David Bowie
In Los Angeles trafen im Sommer 1995 zwei geistesverwandte Seelen aufeinander. Andrew Eldritch von den Sisters Of Mercy und David Bowie. Der Anlaß: „Outside“, das damals gerade aktuelle Werk des einstigen Thin White Duke. Das Problem von Eldritch: „Ich muß ihm sagen, daß seine Platte nichts taugt.“ Doch was ursprünglich ein normales Interview werden sollte, geriet eher zu einem tiefschürfenden Kunst-Diskurs.
Der Meister ist müde. „Alle kommen hier mit ihrem Fragenkatalog an und erwarten, daß ich das sage, was sie hören wollen. Tödlich langweilig.“ Trotzdem wirkt David Bowie so frisch wie eh und je. Er ist einer jener Menschen, bei denen man an die Geschichte von Dorian Gray erinnert wird: Irgendwo muß es ein Gemälde von ihm geben, auf dem er einfach gräßlich ausschaut. Sollten darauf seine zweiten Zähne zu sehen sein, hätte es wahrscheinlich mehr Ähnlichkeit mit mir. Da seine Plattenfirma jedoch darauf besteht, daß wir nicht zusammen fotografiert werden dürfen, gibt es nur einen Weg, um möglichen Verwechslungen vorzubeugen: Ich muß ihm sagen, daß seine Platte nichts taugt. David Bowie ist in Los Angeles, um Werbung für das neue Bowie/ Eno-Album „Outside“ zu machen. Eine aufregende Sache für diejenigen unter uns, die alt und intelligent genug sind, um die früheren Bowie/ Eno-Projekte zu kennen.
Ich deute an, daß Bowie nach „Low“ oder „Heroes“ vielleicht bewußt eine Pause eingelegt hat, damit der Rest der Welt aufholen kann. Ein zweischneidiges Kompliment. Bowie sagt: „Da bin ich mir nicht so sicher“, und lacht ein wenig gequält. Die Forstellung, daß es die Last der Verantwortung sein könnte, die zu seiner kreativen Auszeit geführt hat, behagt ihm offensichtlich nicht.
„Es gab eine Zeit, da stand ich gewissermaßen neben mir. Ich fühlte mich überflüssig. Brian Eno und ich haben diesbezüglich eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. Wir lagen beide im Clinch mit der Musik, konnten mit dem, was in den 80er Jahren musikalisch passierte, nichts anfangen. Wir fühlten, daß wir miserable Arbeit ablieferten, und stiegen deshalb zu einem gewissen Grad aus.
Von 1986 bis 1988 habe ich im Studio praktisch nichts gemacht, was irgendwie von Bedeutung gewesen wäre. Ich malte sehr viel und schuf Skulpturen. Brian ging für längere Zeit nach Malaysia, um sich darüber klarzuwerden, was er mit seinem Leben anfangen will, und hatte fast nichts mehr mit Musik zu tun. Dann, gegen Ende der Achtziger, lernte er U2 kennen, und ich traf Reeves Gabrels, und Musik wurde für uns auf einmal wieder interessant. Die Jahre davor hatte ich nur auf der Stelle getreten, alles schien so belanglos. Ich habe diesbezüglich eine Theorie: Wenn ich mir so meinen Sohn und seine Freunde ansehe und all das hinzunehme, was ich so über die Jugend im allgemeinen weiß, dann scheint es mir, als ob diese Trägheit, die für die Kids der Achtziger typisch war, dieses Sich-Ausklinken, das irgendwo zwischen Gleichgültigkeit und Lethargie liegt, daß das in Wirklichkeit der Versuch einer Generation war, sich an einen neuen Lebensstil und eine neue Gesellschaft anzupassen, mit der Tatsache zurechtzukommen, daß die Realität von Chaos regiert wird. Eine Art Brutzeit, die sehr notwendig war. Wenn du in den Achtzigern jemanden gefragt hättest, ob von der Musik, die damals produziert wurde, irgendwas in zehn Jahre noch gespielt werden würde, hätte er dich für verrückt gehalten. Es war purer Müll – Paula Abdul und Konsorten.“
David Bowie hatte damals aber auch Hits.
„Erinner mich bloß nicht daran. Aber ich glaube, in den Neunzigern gibt es eine Reihe von Alben, Musikern und Bands, von denen die Leute sicher sagen würden, daß sie auch in zehn Jahren noch wichtig sind. Alles von Nirvana bis Pearl Jam.“
Jetzt hört er sich doch glatt so wie die sprichwörtliche Kellnerin an, die Country und Western mag, aber das behalte ich lieber für mich. „Für die Kids sind das keine vergänglichen Sachen, sondern echte Meilensteine in ihrem Leben. Sie bekommen wieder ein Gefühl dafür, was Musik wirklich bedeutet.“
Ist es nicht möglich, daß sie einfach nur wiederaufbereiteten Hippie-Schwachsinn kaufen? Nein, erklärt Bowie geduldig, Woodstock 2 sei für die Leute, die dabei waren, sehr wichtig gewesen. Und dann belehrt er mich, daß der durchschlagende Erfolg von Nine Inch Nails darauf zurückzuführen sei, daß sie so schön schmutzig gewesen wären. Ich weise darauf hin, daß manche Leute sagen würden, sie hätten ausgesehen wie eine 80er-Jahre-Band der allerübelsten Sorte.
„Damit würden diese Leute falsch liegen“, lacht er. „Für mich waren sie die ersten Vertreter einer ganz neuen Richtung.“ Nun, ich übernehme zwar persönlich die Verantwortung für Nine Inch Nails (und andere), aber nicht für die Tatsache, daß sie aussehen wie Alien Sex Fiend. Dies ruft noch größere Heiterkeit hervor. „Ich mag Alien Sex Fiend. Ein verdammt gutes T-Shirt, finde ich.“
Wie auch immer, Bowie ist jedenfalls überzeugt, daß Nine Inch Nails eine Ikone der 90er Jahre sind, und plant, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Außerdem legt er großen Wert darauf, daß man seine Beziehung zu dem jungen englischen Objekt-Künstler Damien Hirst zur Kenntnis nimmt – und das paßt auch besser; weil die Geschichte hinter „Outside“ in einer Welt des Kunst-Terrorismus spielt, in der es keine Grenzen zwischen Shock-Art, Selbstverstümmelung und Verbrechen mehr gibt. Der Text des CD-Booklets ist brillant. Leider taucht nichts davon auf dem Album selbst auf, und weil ich der Meinung bin, daß das Konzept ohne das Begleitmaterial überhaupt nicht erkennbar ist, frage ich ihn, ob das Ganze nun tatsächlich ein Album ist oder nur eine unvollständige CD-ROM. Es ist ein Album, sagt Bowie. „Ich glaube nicht, daß daraus eine CD-ROM wird, weil Brian und ich sehr unterschiedliche Auflassungen davon haben, was man mit CD-ROMs machen sollte.“ Kennt Bowie, der laut eigener Aussage Computerspiele mag, die alten Adventure-Games, bei denen nur mit Text gearbeitet wird, so daß man sich die Bilder selbst vorstellen muß?
„Nein, Brian hat früher damit gespielt.“ Wir sind einander einig, daß es schwierig ist, dem Hörer Bilder zu suggerieren. „Das ist genau der Bereich, an dem Brian und ich gerade arbeiten.“ Er läßt sich jedoch nicht darüber aus, zu welchen Ergebnissen die beiden gekommen sind. Wir müssen uns also vorerst wohl mit dem Covertext zufriedengeben.
„Den Text habe ich geschrieben, weil es hier um Identitäten geht. Die Handlung und die Charaktere sind nicht Inhalt des Albums. Das Album beschäftigt sich mit den Stimmungen und der Atmosphäre dieses Jahres, 1995. Wir wollen eine Reihe von Alben machen, die musikalisch die Stimmungslage der letzten fünf Jahre dieses Jahrtausends einfangen. Die Charaktere sind Vehikel, mit denen der Hörer durch diese atmosphärische Landschaft geführt wird.“ Ich gebe zu bedenken, daß das Konzept möglicherweise deutlicher zutage treten würde, wenn er die Charaktere auch in der Musik auftauchen ließe. Bowie meint dazu, daß er das zwar gern getan hätte, die Intention aber vor allem darin bestand, „so viel Raum wie möglich für eine Vielzahl von Interpretationen zu lassen“. Müßte er, der sich so eingehend mit Schamanismus beschäftigt hat, nicht wissen, daß das Publikum die unmittelbare Wirkung vermißt, die daraus entsteht, daß man einen oder mehrere Charaktere in die Musik integriert – so wie er es früher getan hat?
„Ich bin mir nicht sicher, daß ich die Art von Wirkung erzielen will.“ Stört’s ihn nicht, daß seine Rollen von anderen geklaut werden, daß mitunter exakt die Charaktere wieder auftauchen, die er mal verköperte?
„Es ist sicherlich gesünder und für meine künstlerische Existenz besser, wenn ich so etwas, so gut es geht, ignoriere. Ich habe mich bewußt dafür entschieden, ein pluralistisches Wesen zu bleiben und alle Interpretationen meinem Publikum zu überlassen. Ich bin nur der Autor, und das genügt mir.“
Ich war ziemlich geschockt, „Starman“ in englischen Pop-Sendungen wiederzubegegnen. Wäre ich Bowie, würde es mich noch mehr ärgern, daß Suede diese Figur verwenden. „Nein, nein, es kann nicht dieselbe Figur sein.“
Das ist sie aber.
„Nein, ist sie nicht. Sobald du etwas in einem ganz anderen Kontext spielst, kann es nicht mehr dieselbe Figur sein.“
Selbst für Leute, die das Original nicht kennen?
„Nein, weil sie andere Voraussetzungen mitbringen. Sie interpretieren das völlig anders als die Generation von 1973, weil ihr Umfeld anders aussieht. Sie beziehen ihre Informationen aus einer ganz anderen Welt, in der Widersprüche so selbstverständlich geworden sind, daß sie kaum mehr widersprüchlich wirken.“
Kann ich nicht finden. Für mich ist diese Widersprüchlichkeit immer noch ein alltägliches Phänomen, das recht leicht aufzuspüren ist, wenn man an passender Stelle ein wenig Situationismus anwendet.
„1973 gehörte das Absolute noch zu unserem Alltag. Für alles gab es Regeln: in jeder Wissenschaft, in jeder Religion. Picasso war der Gott des 20. Jahrhunderts. Größen, wohin man sah. 73 konnte ‚Starman‘ schokkieren, heute ist er nichts weiter als eine winzige Masche in diesem ungeheuer komplizierten Informationsnetz, in dem wir leben. Und er wird nur noch oberflächlich gesehen.“
Sind das nicht dieselben Kids, die angeblich „wieder ein Gefühl dafür bekommen, was Musik wirklich bedeutet“? Was entgeht denen denn?
„Dazu will ich mich nicht äußern. Das ist nur meine Interpretation und die ist letztlich nicht von Belang, weil sie aus einer archaischen Einstellung herrührt und daher nicht übertragbar ist.“
Angenommen, Bowie geht es tatsächlich um Tiefe (und hoffentlich um ein wenig mehr, als bei Nirvana und Pearl Jam zu finden ist), dann hat er zwei große Probleme: Album und Publikum. Was hat ihn dazu getrieben, ein halbes Dutzend Musiker in einen Raum zu sperren, 50 Stunden lang mit ihnen zu improvisieren, um sich schließlich von Brian Eno sagen zu lassen, mit welchen Passagen weitergearbeitet werden soll?
„Das hat etwas mit Vertrauen zu tun. Brian ist einer der wenigen Menschen, die mir sagen können, was In-drei-Teufels-Namen ich eigentlich mache. Er zeigt mir oft einen Kontext für Dinge, die ich selbst nicht einordnen kann. Brian hat mal ein wunderbares Bild verwendet, auf das ich immer wieder zurückkomme. Er sagte: ‚Kunst, das bedeutet, fliegen, abstürzen und trotzdem immer weitermachen zu können. Sie ist der einzige Bereich unseres Lebens, in dem wir nie zu weit gehen können, weil wir uns in einer sicheren Zone befinden.‘ Bei den Alben vor „Low“, „Diamond Dogs“ oder „Station To Station“, beschäftigte ich mich mit Dingen, die nichts miteinander zu tun hatten, aber diese Zusammenhanglosigkeit wurde durch Atmosphäre wettgemacht. Trotzdem gab es immer irgendeinen Punkt, an dem ich mich nicht weitertraute.“
Hat David Bowie nicht manchmal das Bedürfnis, sich hinzusetzen und ein paar Bowie-Songs zu schreiben, bevor er ins Studio geht? „
Auf so eine Situation würde sich Brian niemals einlassen. Dafür hat er keine Zeit, das interessiert ihn nicht.“
Ist Musik überhaupt das richtige Medium, um diese Art von Zusammenhanglosigkeit auszudrücken?
Bowie überlegt: „Es ist das Medium, das wir uns ausgesucht haben.“
Das Endprodukt, also das Album, interessiere ihn weniger als sein Entstehungsprozeß, sagt er. „Wir sind immer dann am besten, wenn wir ein bißchen ins Trudeln kommen, wenn wir uns in Situationen begeben, in denen wir die Kontrolle verlieren.“
Wenn ich an Reeves Gabrels und Improvisation denke, fällt mir der Begriff „Jazz-Wichser“ ein. Auf diesem Album gibt es fünf außer Kontrolle geratene Musiker. Ist das eine gute Idee?
„Sie ist gut, wenn man Brian dabei hat. Er hört sich alles an und sagt dann: ‚Diese Stelle da ist wirklich interessant. Alles andere ist überflüssiger Mist.‘ Darin ist er sehr gut.“
So ganz überzeugt mich das nicht. Außerdem – wird denn überhaupt jemand die Platte verstehen? „Die Leute werden sicher ein Gefühl für die Atmosphäre bekommen und den grundlegenden Gedanken verstehen, den ich zu entwickeln versuche: Was kann in einer extremen Situation – die ja so extrem gar nicht mehr ist – mit ritueller Kunst passieren? Tiefergehendes Verständnis, nein. Ich denke nicht, daß das möglich ist, aber ich halte es auch nicht für notwendig. Kunst wird heutzutage als Fernsehspektakel serviert. Es gibt praktisch keinen Unterschied zwischen dem Simpson-Prozeß und Christos Reichstagsverhüllung. Bei beiden zählt nur das, was an der Oberfläche zu sehen ist Und mehr ist in dieser Zeit auch nicht nötig. Du überfliegst das, was geboten wird, und entwickelst dein eigenes Verständnissystem. Wir haben keine Zeit mehr für Analysen. Die Medien überfluten uns mit derart unglaublichen Mengen von Ereignissen, Klatsch, Tratsch und Gerüchten, daß man sich fragt, ob man überhaupt noch eine Geschichte hat. Wenn sich Geschichte so radikal ändert und in so kurzen Abständen neu geschrieben wird, wenn Historiker kaum noch dazu kommen, Ereignisse geschichtlich einzuordnen (und sie ohnehin mißverstehen und in Frage stellen), haben wir als Laien ganz bestimmt nicht die Zeit, ihre Bücher durchzuackern und uns ein genaueres Bild von dem zu machen, was Geschichte eigentlich bedeutet. Und wenn es stimmt, daß uns unsere Geschichte verlorengeht, dann haben wir auch keine Zukunft mehr. Das eine bedingt das andere. Vielleicht erschaffen wir gerade, in synthetischer Form, den buddhistischen Zustand des Jetzt-Seins. Wir zwängen uns in diesen Flaschenhals des Jetzt, in dem alles nur noch in diesem Augenblick geschieht. Das ist eine interessante Vorstellung, weil sie im Prinzip der buddhistischen Philosophie entspricht, nur daß wir dafür die mutierte und entmenschlichte Technologie der Massenkommunikation verwenden. – Unser Fernseh-Karma.“
Gut gesagt. Eine prima Idee für das nächste Album. Aber bedeutet das nicht auch, daß dieses Album keinerlei Wirkung haben kann, weil es uns eben nie aus dem Fernsehen anspringen wird? „Bei ‚Low‘ hatte ich es mit einer ähnlichen Situation zu tun. Es hat bestimmte Leute auf ganz interessante Weise beeinflußt und sich so klammheimlich in der Popkultur etabliert. Ich denke, auf so etwas muß man sich verlassen, wenn man kein Feuerwerk à la Michael Jackson veranstalten kann. Ich hasse es, immer wieder dieses Bild zu verwenden, aber es paßt einfach am besten: Wenn du weiße Farbe hast, brauchst nur ganz wenige Tropfen Rot hinzuzufügen. Vorausgesetzt, du rührst genug, bekommst du schließlich eine Art schillerndes Rosa. Und das wird auch mit der eigenen Arbeit passieren, hoffentlich.“
Ich frage, ob Bowie hofft, daß dieses Album ähnlich richtungsweisend sein wird wie ‚Low“. – Lange Pause. „Nein, das glaube ich nicht.“
Warum wird es dann überhaupt veröffentlicht? „Ich sage Dir was, ich bin ziemlich fest entschlossen, mein Leben, so wie es ist, zu genießen, und damit auch all das, was ich in diesem Leben tue. Das ist mir sehr wichtig, und deshalb hege ich keine besonderen Erwartungen, was das Album oder seinen Einfluß betrifft. Mir geht es nur darum zu wissen, daß das, was ich mache, das Beste ist, was mir zum jeweiligen Zeitpunkt möglich ist. Je älter ich werde, desto klarer wird mir, daß ich nicht irgendwelchen Blödsinn produzieren sollte.“
Warum dann das „Kunstverbrechen“ nicht gleich selbst begehen, statt ein Album darüber zu machen? „Ich hab schon darüber nachgedacht, ob ich nicht ein paar Minotauren fabrizieren sollte. Damien und ich haben da ein Projekt. Ich erzählte ihm von der Minotaurus-Legende, und er war Feuer und Flamme. Er hat einen Fan, der ihm seinen Körper unter der Voraussetzung vermacht hat, daß er in irgendeiner Form Teil eines Kunstwerks wird, und deshalb meinte ich, wir könnten seinen Körper nehmen – erst wenn er das Zeitliche gesegnet hat, natürlich – und den eines Stiers, und daraus einen Minotaurus machen. Ich könnte ein Stückchen Land kaufen, ein kleines Labyrinth darauf bauen und den Minotaurus da hineinstellen. Das wäre dann wie bei Christo: die Insel als Gesamtkunstwerk.“
Gemäß den Grundsätzen der Kunstphilosophie, über die wir seit einer Stunde diskutieren, ist das Werk bereits fertig, weil die Idee bereits kommuniziert worden ist… „Im Prinzip ja, richtig. Als echter Konzeptualist brauchte man nur die Skizzen zu machen. Wir könnten sie Brian bringen, und er könnte ein Expose dazu schreiben und das Ganze ein bißchen aufpolieren und dann…“
„…würde er es jemandem in Düsseldorf verkaufen?“
„Genau.“
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