Michael Jackson: Michael Jackson – Thriller
Kaum vorstellbar bei dem künstlerischen und kommerziellen Stellenwert, den schwarze Musik zwischen den Polen HipHop und R’n’B seit mehr als zwei Jahrzehnten innehat: Anfang der achtziger Jahre war die Kraft und Herrlichkeit der diversen Soul-, Motown- und Disco-Ären so weit verblasst und die Szene so dominiert von New Wave und weißem Pop-Rock, dass das frisch gegründete, zukunftsträchtige Pop-Medium MTV kein Problem (auch kein rassistisches) darin sah, Musik von schwarzen Künstlern in toto außen vor zu lassen. Es war, verkürzt gesagt, so weit gekommen, dass man es sich leistete, Black Music zu ignorieren, weil es ja Billy Idol gab. Richtig: Da musste ein Messias her, und der kam in Gestalt eines einstigen Kinderstars, der ein Jahrzehnt lang so etwas wie Amerikas Soul-Knuddelmaskottchen gewesen war und nun, 23-jährig, zum ganz großen Coup ausholte. Bei der Entstehung von Michael Jacksons zweitem Soloalbum als Erwachsener floss alles zusammen: Da war ein hungriger Performer, dessen Talent ein junges Leben lang geschliffen worden und jetzt reif war, in vollem Glanz zu erstrahlen – und der aus seiner Wunderkindheit Schatten auf der Seele davongetragen hatte, die Eigenkompositionen wie „Billy Jean“, das Tanz-die-Paranoial-Herzstückdes Albums, inhaltlich weit über „bloßen“ grandiosen Pop hinaushoben. Und da war mit Produzent Quincy Jones ein versierter alter Hase, der mit Jackson den unbedingten Willen teilte, etwas auch klanglich noch nie dagewesenes zu schaffen; so wurde auf der Suche nach einem absolut individuellen Sound mit sofortigem Wiedererkennungswert etwa tagelang allein am Intro-Beat von „Billy Jean“ getüftelt. „Thriller“ riss mit seinem magischen Crossover-Amalgam aus „schwarzer“ und „weißer“ Musik (die Einflüsse und Zitate reichen von traditioneller afrikanischer Musik in „Wanna Be Startin‘ Something“ bis zu Eddie Van Halens Metal-Solo in „Beat It“), Lust und Abgrund, Leichtigkeit und Kontemplation, Experiment und Disziplin sämtliche interkulturellen Geschmackszäunchen nieder und wurde zum gigantischsten Konsensalbum aller Zeiten, das den Weg für (nicht nur) schwarze Stars der Zukunft ebnete. Nicht zuletzt bei MTV, wo im Zuge von „Thriller“ die Hauspolitik überdacht wurde; nicht zum Schaden des Senders, der – wie das gesamte Popgeschäft nach 1983 – von dem Phänomen „Thriller“ maßgeblich mitgeprägt wurde. Und das Beste: Die Platte ist 25 Jahre später immer noch der Wahnsinn.