Michael Jackson: Die frühen Werke
Michael Jacksons Karriere begann nicht erst mit "„Off The Wall". Schon vorher hatte er sich als Solokünstler und Mitglied der Jackson 5 um die Hitmaschine Motown verdient gemacht.
Berry Gordy Jr., Spross einer rührigen und recht erfolgreichen Kleinuntemehmerfamilie in der Automobilstadt Detroit, war ein echter Tunichtgut. Als er als Co-Autor des Jackie-Wilson-Hits „Reet Petite“ mit dem Songschreiben endlich ein Metier gefunden hatte, das zu seiner playboyhaften Lebenshaltung passte, lieh ihm die erleichterte Familie gern ein paar hundert Dollar, mit denen er das Plattenlabel Motown gründen konnte.
Gordy stieß sich daran, dass schwarze Musik in den späten fünfziger Jahren kaum Zugang zu den lukrativen „„weißen“ Medien und den Popcharts fand. Zusammen mit einem Stab von Lokalmusikern und jungen Komponisten (darunter Smokey Robinson) machte er sich daran, eine Popmusik zu kreieren, die von Schwarzen gespielt, jedoch von allen gehört wurde. Er verlangte, dass jeder Song mehrere „Hooks“ hatte, dazu durfte im Text kein Wort zu viel und vor allem kein Patois vorkommen. Der Erfolg stellte sich bald ein. Mary Wells, The Temptations, The Miracles, The Supremes und etliche andere machten die Firma im Jahr 1964 zu einem der drei erfolgreichsten amerikanischen Pop-Label.
Als die Jackson 5 im Sommer 1968 bei Motown unterkamen, hing der Haussegen bereits schief. Gordy passte der aufmüpfige Zeitgeist, der sich auch auf seine Künstler übertragen hatte, ganz und gar nicht. Die Jackson 5 entpuppten sich als seine letzte große Entdeckung, die sich seinem napoleonischen Führungsstil beugte.
Zunächst war für die Jacksons das Produktions- und Songschreiber-Team The Corporation zuständig, dem nebst Gordy Freddie Perren, Fonze Mizelle und Deke Richards, sowie gelegentlich Hal David und der Entdecker der Jacksons, Bobby Taylor, angehörten. Sie schneiderten der Boyband einen munteren REtB-Popsound auf den Leib, der auf den zehnjährigen Leadsänger Michael zwar melodisch, nicht aber textlich Rücksicht nahm.
Mit dem sogenannten „„Bubblegum“-Sound und Bands wie Ohio Express, 1910 Fruitgum Company und den Archies hatte das Musikbusiness kürzlich erst den Kindermarkt erschlossen – mit den Jackson 5 fand nun auch Motown Zugang zu diesem lukrativen Publikumssegment. Die ersten vier Singles waren allesamt Nummer-1-Hits. Den Anfang machte im November 1969 „I Want You Back“, danach folgten „„ABC“, „The Love You Save“ und „I’11 Be There“: erfrischende Popsongs, die man nicht einfach als Gimmicks abtun konnte und die längst zu Klassikern avanciert sind.
Die Gruppe nutzte die Gunst der Stunde und veröffentlichte eine rasante Abfolge von Alben. Aber schon im Sommer 1971 ließ der Erfolg merklich nach: Als die Jacksons’sche Hitformel einmal definiert worden war, hatte Motown dermaßen strikt daran festgehalten, dass ihre Musik tatsächlich zum Fließbandsound verkommen war. Bezeichnenderweise feierte die Brüder erst 1974 mit dem gänzlich atypischen Proto-Disco-Schlager „Dancing Machine“ wieder einen großen Hit.
Desillusioniert von Berry Gordy mangelnder Flexibilität, wechselte die Band samt Michael bald darauf zu Epic/CBS Records. Wie nebenbei hatte Michael noch bei Motown seine Solokarriere begonnen. Die Idee stammte von Berry Gordy und Michaels Vater Joseph Jackson. Beide hatte es gewurmt, dass die blütenweiße Familiengruppe The Osmonds Profit aus dem Erfolg der Jackson 5 geschlagen hatte. Und jetzt startete Leadsänger Donny Osmond auch noch eine höchst erfolgreiche Solokarriere, was Joseph Jackson natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte.
Das erste Soloalbum von Michael, „„Got To Be There“, erschien im Januar 1972 und war ganz im gewohnten Jacksons-Stil gehalten. Lediglich der Sound war etwas homogener geraten, schließlich musste nicht auch noch Platz für all die anderen Jackson-Stimmen gefunden werden. „Ben“, das zweite Soloalbum, enthielt mit dem Titeltrack Jacksons einzigen Top-Hit der frühen Jahre. Doch danach ging es erst einmal bergab: Weder „„Music & Me“ (1973), noch „„Forever, Michael“ (1975) hinterließen in den Charts nennenswerte Spuren. Gleiches galt für die zeitgleich veröffentlichten Werke der Jackson 5. Die Zeit für Veränderungen war gekommen. Michael Jackson wusste das. Er kam zurück, sah und siegte.