Mein Dino, mein Jet, meine Gitarre
Ein legendärer Gitarrist zeichnet seinen Werdegang: Wie aus Saul Hudson Slash wurde.
Es ist ja eigentlich schon alles gesagt, geschrieben, hinlänglich bekannt: Aufstieg und Fall der letzten großen Hard-Rock-Supertruppe, Rosenkrieg, Alkohol, Drogen, Schlampen und Schlangen. Und dennoch sitzt vor uns ein Mann Mitte Vierzig, der so aufgeräumt wie seit Jahrzehnten nicht wirkt, dieselben Locken, dieselben Riffs, das altbekannte Bild. Nur in gesund eben, angekommen. Und so wundert es auch nicht, dass Slash guter Dinge ist: Für die Aufnahmen zu seinem neuen Album musste er sich nicht auf einen unzuverlässigen Sänger verlassen, nein, er wollte 13 haben. Darunter alte Helden wie Lemmy, Iggy und Ozzy, Weggefährten wie Izzy und Duffy und ehemalige Fans wie Fergie und Chris Cornell. Und das wurde belohnt: „Slash“ debütierte auf Platz vier der deutschen Charts.
Wir überlegten uns also, um was wir diesen Mann, der schon in der Mitte seines Lebens alles erreicht hat, bitten könnten – und entschieden uns dafür, ihn etwas zeichnen zu lassen, seinen Werdegang: wie aus dem Jungen Saul Hudson der Musiker Slash wurde. Zeichnen? Warum nicht! Schließlich illustrierte Sauls Vater einst Alben von Neil Young und Joni Mitchell.
Es ist ein sonniger Tag am Rande von Los Angeles. Für einen Moment legt Slash die Sonnenbrille beiseite, er nimmt den Stift, setzt an, bricht ab, schaut auf das Papier, beginnt zu erzählen: „Ich war elf, als meine Mum meinen Dad verließ und wir nach L.A. zogen. An England kann ich mich kaum erinnern. Schlechtes Wetter, grauer Himmel. Zeichnen kann man das nicht. Ich erinnere mich nur an die Besuche im Zoo und im Naturkundemuseum. In Los Angeles wurde mein Leben farbenfroher: Berühmte Leute gingen bei uns ein und aus, Fotografen, Models, Künstler, Musiker. Irgendwann war meine Mum dann mit David (Bowie) zusammen. Es war, als wäre ein Alien bei uns gelandet. Ich erinnere mich noch an die Nachmittage, die ich damit verbrachte, so zu tun, als würde ich Gitarre spielen – in Wirklichkeit beobachtete ich ihn.“
Dann setzt Slash die Brille wieder auf, legt den Stift beiseite. Auf dem Blatt Papier: ein Dinosaurier (das Naturkundemuseum), das Flugzeug (der Umzug), die Gitarre. Slash! Der gezeichnete Werdegang jenes Mannes, den das „Time“-Magazin zum zweitbesten Gitarristen aller Zeiten wählte. Jörg Rohleder