Marx und Mangas

Humanistische Allegorie: Hayao Miyazakis Anime-Epos PRINZESSIN MONONOKE

Die Japaner sind versessen auf Mangas. Manga bedeutet „unverantwortliches Bild“ und umfasst jede erdenkliche Form der japanischen Comic-Kunst, ob als Lovestory oder Science-fiction-Lektüre, für Kinder oder Krimiliebhaber. Die pornografische Variante heißt Hentai, ein verfilmter Manga wird als Anime beman ihn dennoch nicht annoncieren. Anders als die rührig-heiteren Gutenachtgeschichten des Amerikaners, entwirft er komplexe, von marxistischen Idealen beeinflusste Parabeln, die vor post-apokalyptischen Szenarien oder in epischen Sagenwelten spielen und vor allem weibliche Heizeichnet Im Westen kennt man Animes gerade noch aus dem Fernseher – wobei wenige wissen, dass Serien wie „Wicki“ und „Kimba“ aus Japan kommen. James Camerons „Terminator“ ist von Mangas inspiriert, und die Trickfilmspezialisten Hollywoods verehren Hayao Miyazaki, der 1974 mit „Heidi“ den weltweit größten Erfolg schuf. Der Zeichner und Regisseur ist heute 60 Jahre alt und hat die Aura eines Märchenonkels. Als .japanischen Walt Disney“ darf denfiguren zeigen. So einen Kollegen wie Miyazaki hätte der arg konservative Knochen und paranoide Patriarch Disney früher beim FBI denunziert.

Heute kooperiert der Disney-Konzern indes mit Miyazakis Ghibli-Studios. Die Amerikaner erhoffen sich so Einfluss auf den japanischen Markt, wo ihre Filme stets schlecht laufen, dafür sollen sie die Animes weltweit herausbringen. Trotzdem hat es fast drei Jahre gedauert, bis sie Miyazakis monumentales Meisterwerk „Prinzessin Mononoke“ (ab 19.4.) in die deutschen Kinos bringen. Angesiedelt im industriellen Aufbruch des 14.Jahrhunderts, erzählt es vom Krieg uralter Tiergötter gegen eine Eisenhütte, für die ihr mystischer Wald abgeholzt werden soll. Ein fabelhaftes Fresko, das trotz drastisch gezeichneter Gewalt einen tiefen melancholischen Humanismus atmet

OLIVER HÜTTMANN

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