Mark Olson & The Creekdippers: „Portrait Of A Sick America“
Es hat am Ende nicht gereicht, aber sie hatten etwas getan. Eine große Koalition von Rockmusikern war gegen George W. Bush angetreten, doch nicht einmal die „Vote For Change“-Tournee und Springsteens Schulterschluss mit dem Kandidaten John F. Kerry konnten den Stimmunsgwechsel herbeiführen. Natürlich hat Kerry ein zu langes Gesicht, ist zu hölzern und trocken und ein Mann des Volkes bestimmt nicht. Schwer vorstellbar, dass er den Heinz-Ketchup, dem seine Frau ihren Reichtum verdankt, selbst auf ein T-Bone-Steak kippt.
Aber es wurde mit der Präsidentenwahl womöglich auf lange Zeit hinaus ein Kulturkampf entschieden, der die populären Künste – Hollywood und Rockmusik voran ins Innerste trifft. Eine andere Symbolfigur des liberalen Amerika, der große Robert Redford, will nach dem Debakel gar das Land verlassen. Der Kämpfer Steve Earle, mit „The Revolution Starts Now“ wie stets eine Lokomotive des Protestes, wird natürlich weiterhin wüten. Auch der Solipsist Tom Waits hatte sich mit Songs und in Interviews explizit gegen Bush und den Irak-Krieg gewandt – der Einbruch des Realen in die übrigen Fantasiewelten. Dan Bern brachte „My Country“ heraus, „music to beat Bush by“, und die bodenständigste und frechste Platte kam von Mark Olson und den Creekdippers: Ihr „Political Manifest“ ‚enthält ätzende Spottlieder, die nach alter Weise mit Folk, Banjo und Waschbrett wider die Ungerechtigkeit fechten, als wären Tom und Ma Joad die Nachbarn in Joshua Tree, wo Olson seine Musik aufnimmt. „This is the end of the highway, Rumsfeld!“ Ach!
Die Wahl ging sozusagen sang- und klanglos verloren. Immerhin gibt es nun mehr musikalische Dokumente zu dieser Zeit als zur Nixon-Ära.