Mark Knopfler: Süße Harmonie
Nach jahrelanger Freundschaft haben Mark Knopfler und Emmylou Harris ein gemeinsames Album aufgenommen
Klar. Sie sind Profis genug, um auch am Ende des dritten von vier europäischen Interviewtagen in einem Fünf-Sterne-Bunker direkt am Chelsea Harbor noch höflich, zuvorkommend und halbwegs interessiert zu sein. Und dann und wann – wenn ihm eine Frage, ein Einwurf, eine Bemerkung doch mal als interessanter erscheint als die zig Fragen, Einwürfe und Bemerkungen zuvor -, dann schnellt Mark Knopfler sogar aus seiner embryonalen Sesselbeuge empor, blitzt einen offen aus blauen Augen hinter randlosen Gläsern an und holt gern auch mal etwas weiter, genauer, humorvoller aus.
Doch er und zu seiner Rechten die immer noch makellose, inzwischen komplett weißhaarige Country-Königin Emmylou sind auch froh, als es vorüber ist. Und sie endlich wieder singen können! Der Rekorder ist noch nicht vom Tisch, da wieselt Knopfler behende zur Akustik-Gitarre, die an der Wand lehnt. Der Interviewer ist noch nicht aus dem Zimmer – und der nächste noch nicht ganz drin -, da werfen sich der Brite und die US-Amerikanerin auch schon in transatlantische harmonies. Einmal kurz Luft holen und durchatmen, vor dem Interviewfinale (an diesem Tag). Gemeinsam zu singen ist halt so viel schöner als darüber zu reden, was und wie und warum sie jetzt gemeinsam singen.
Das tun Harris und Knopfler schon eine ganze Weile, nachdem sie sich bei einem TV-Tribute für die Country-Legende Chet Atkins näher kennengelernt hatten. Vor immerhin sieben Jahren. Und jetzt endlich das gemeinsame Album „All The Roadrunning“.
Und mit wem hat Harris nicht in den letzten Jahren alles gesungen? Auf die Frage, ob es da noch einen Duettpartner gäbe, mit dem sie unbedingt singen wolle, der sich aber bisher noch nicht angeboten hätte, antwortet Harris dies: „Ich halte meine Tanzkarte immer hoch, falls sich irgendwelche Möglichkeiten auftun. Aber mit Mark zu singen und dieses Album zu machen, das war solch eine Freude – ich könnte meine Duett-Karriere auch gleich heute beenden, so zufrieden bin ich mit dem Ergebnis. Aber wir werden wohl noch ein bisschen weitermachen.“
Äh, Mark, irgendein Kommentar? Harris lacht, Knopfler schnellt aus dem Sessel hoch und halb über den Tisch. „Nein. Das ist großartig! Ich bin so froh, dass ich eine Platte hinbekommen habe, die Emmy gerne hört. Ich meine, sie hört diese Platte zuhause wirklich gern – und das bedeutet mir sehr viel. Denn da gibt’s ja schnell Konkurrenz da draußen.“ Emmy lacht schon wieder, Knopfler spricht das „swift“ so Oxford-mäßig, als parliere er gerade mit der Queen. Dann arbeitet die Erinnerung in ihm. Und er sagt: „Emmy hat natürlich viel mehr Erfahrung als ich, was dieses Duett-Ding angeht. Vorher habe ich wirklich zuletzt auf der High School mit einem Mädchen gesungen. Ich war gerade 16 und zeigte ihr ein bisschen Fingerpicking auf der Gitarre, und dann wollte sie unbedingt dazu singen – und schon hatten wir dieses kleine Duo. Ein großer Spaß! In vielerlei Hinsicht war es jetzt mit Emmy genau dasselbe – dasselbe Gefühl, die Stimmen zusammen zu hören. So als hätten sie schon immer zusammengehört, ganz natürlich. Das war dead easy, auch weil Emmylou immer sehr interessiert an meinen Phrasierungen und an meinem Timing war.“
Man muss nur „All The Roadrunning“ hören, und man weiß alles, was man über Frau und Mann, die gemeinsam singen, wissen sollte.