Mariah Carey schrieb einst derbe Rock-Songs
Mariah Careys Stimme wurde durch sanfte Pop- und R&B-Songs und ihre Oktaven weltberühmt. Doch die Sängerin wollte nicht immer nur die Diva sein, als die sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.
Mit 50 Jahren wird es Zeit für eine Biographie. Das zumindest dachte sich offenbar Mariah Carey. Gemeinsam mit Autorin Michaela Angela Davis hat sie eine Autobiographie mit dem Titel „The Meaning Of Mariah Carey“ geschrieben, das diese Woche am Dienstag erscheint.
Darin beleuchtet die Sängerin auch Facetten ihrer erfolgreichen Karriere, die bisher noch im Verborgenen lagen.
Ihre Rockmusik brachte Mariah Carey durch dunkle Tage
In den sozialen Netzwerken serviert Carey seit einer Weile einzelne Einblicke ins und Ausschnitte aus dem Buch. Jetzt, da es geradewegs auf die Veröffentlichung zugeht, lüftet sie zudem ein bisher gut gehütetes Geheimnis. Carey, die vor allem für ihre sanfte, helle Pop- und R&B-Stimme bekannt ist, experimentierte offenbar auch mit einem ganz anderen Musikstil, den viele spontan gar nicht mit ihr verbinden würden.
In einem Tweet enthüllte die Sängerin nämlich, dass in ihr anscheinend auch eine Rockmusikerin steckt. „Fun Fact: Ich habe ein Alternative-Album gemacht, während ich an ‚Daydream‘ gearbeitet habe“, schreibt Carey. Obwohl es „nur zum Spaß“ war, habe diese Tätigkeit sie durch einige dunkle Tage gebracht, fährt sie fort.
Anschließend erwähnt sie noch eine Freundin namens Clarissa, welche die Hauptstimme übernommen habe, während Carey selbst als „hidden layer“ zu hören war. Es handelt sich vermutlich um Clarissa Dane, ihre damalige Mitbewohnerin. Carey war jedoch offenbar mehr als nur Hintergrundstimme. So soll sie die Songs nicht nur stimmlich begleitet, sondern auch geschrieben, komponiert und mit produziert haben.
Carey komponierte Alternative-Rock-Songs und begann sie zu lieben
Dazu postet Carey ein Video, das einen animierten Ausschnitt aus ihrem Buch zeigt. Im Hintergrund läuft der Song „Hermit“ von Chick, jener Band, an deren Album die Sängerin beteiligt war. „Someone’s Ugly Daughter“ von Chick erschien 1995, im selben Jahr wie Careys „Daydream“-Platte. Auf der eingeblendeten Buchseite ist zu lesen, wie es zu der Zusammenarbeit kam und was sie für die Sängerin bedeutete.
In dem Text erzählt Carey, dass sie anfangs für die Band einige Alt-Rock-Songs komponiert habe. Als sie die Lieder vorstellte, seien Chick sofort darauf eingegangen, hätten die Songs aufgegriffen und eingespielt. Und auch bei Carey wuchs der Enthusiasmus zunehmend. „Ich fing tatsächlich an, einige der Songs zu lieben“, schreibt sie und dass sie ihren gesamten Charakter in diese Lieder hineinlegen konnte.
Die „R&B-Diva“ als unbekümmerte Rockerin
Carey gefiel der neue Stil und ihre neue Attitüde. Sie fühlte sich wie eine der „breezy-grunge, punk-light white female singers“, die zu jener Zeit beliebt waren. Unbekümmert und kess, zugleich ranzig und punkig. Das Besondere an diesen Sängerinnen war laut Carey, dass sie „so unbekümmert mit ihren Gefühlen und ihrem Image umzugehen schienen. Sie konnten wütend, verärgert und unordentlich sein“, schreibt die Sängerin.
Sie konnten alte Schuhe, zerknitterte Unterhosen und widerspenstige Augenbrauen tragen – ganz im Gegensatz zu Mariah Carey selbst oder dem, was die Öffentlichkeit für Mariah Carey hielt zumindest.
Dieser Kontrast war es, den die Sängerin an der Arbeit deshalb besonders genoss. Jede ihrer Bewegungen sei zu jener Zeit so „kalkuliert und manikürt“ gewesen, beschreibt sie rückblickend. Doch sie wollte nicht nur das perfekte Goldkehlchen sein. „Ich wollte mich befreien, loslassen und mein Elend zum Ausdruck bringen – aber ich wollte auch lachen“, erklärt sie. „Ich freute mich total darauf, jeden Abend nach ‚Daydream‘ meine Alter-Ego-Band-Sessions zu machen.“
Mariah Carey durfte ihre Erfolgsformel nicht brechen
Chick haben anschließend kein weiteres Album mehr veröffentlicht. Carey hingegen noch zahlreiche. Bei „Daydream“ handelte es sich bereits um ihr fünftes Studioalbum. Auch an der Arbeit ihres eigenen Albums wollte die Sängerin damals neue Wege einschlagen, wenn auch subtiler. Doch bereits ein Remix mit dem Rapper Ol‘ Dirty Bastard sorgte für Konflikte mit ihrer Plattenfirma. „Jeder sagte: ‘Was, bist Du verrückt?“, erzählte Carey rückblickend. „Sie waren nervös, die Erfolgsformel zu durchbrechen. Es funktionierte, mich eine Ballade in einem langen Kleid mit hochgestecktem Haar auf einer Bühne singen zu lassen.“
Zugleich soll Careys Wunsch, neue Musikrichtungen für sich zu erschließen, zu Konflikten mit ihrem damaligen Ehemann und Label-Boss von Sony Music geführt haben. Wer weiß, welche musikalische Vielfalt für Mariah Carey möglich gewesen wäre, wenn sie auf weniger Barrieren gestoßen wäre. Zumindest in der Zusammenarbeit mit Chick konnte die Sängerin aber offenbar eine Seite ausleben, die ihr in ihrer eigenen Karriere verwehrt blieb.
+++ Dieser Artikel erschien zuerst auf musikexpress.de +++