Mann voran

Wie zwei TV-Produzenten die reaktionären Werte Reagan-Amerikas in ihre Action-Serien einbauten.

Damals hat es noch Spaß gemacht, ein Mann zu sein. Man konnte sich prügeln, ohne zu einer Anti-Aggressions-Therapie genötigt zu werden. Man musste kein schlechtes Gewissen haben wegen der Umwelt, wenn man in Sportwagen mit qualmenden Reifen herumbretterte. Es galt auch noch als cool, einen Schrank voller Waffen jeden Kalibers zu haben und ausgiebig davon Gebrauch zu machen. Unabhängig, unerschrocken und frei von jeglichen Zweifeln erschienen jene modernen Cowboys, die in den 8oer Jahren über die Matt‘ Scheibe flimmerten. „Ein Colt für alle Fälle“ und „Das A-Team“, aber auch „Knight Rider“, „Magnum“ und „Trio mit vier Fäusten“ waren für die Generation der mittlerweile fast 40-Jährigen die Helden ihrer Jugend. In diesen Actionserien war die Welt ein perfekter Abenteuerspielplatz. Die Hochphase dauerte etwa bis zur Mitte der 80er Jahre an.

Heute wirken diese Serien in ihrer Haltung hoffnungslos altmodisch, ja teils sogar fragwürdig. Denn sie sind ganz klar ein Produkt ihrer Zeit. Nach den unruhigen Siebzigern, den Protesten gegen den Vietnamkrieg, dem Watergate-Politikum und den Experimenten von New Hollywood suchten das amerikanische Fernsehen und Kino ihr Heil im Eskapismus. Neben Steven Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes“ kam 1981 „Ein Colt für alle Fälle“ mit Lee Majors als breitbeinigem Stuntman und Kopfgeldjäger mit breitem Stetson und noch breiterem Pick-Up heraus. Beiden gemein ist ein klar definiertes Männer- und Weltbild, das so ganz nach dem Geschmack des ehemaligen Western-Schauspielers Ronald Reagan gewesen sein dürfte, der am Jahresanfang als US-Präsident vereidigt worden war. Kurz vorher war Tom Selleck als Privatdetektiv „Magnum“ mit Hang zum roten Ferrari im Fernsehen aufgetaucht. 198a folgte David Hasselhoff als einsamer PSRächer „Knight Rider“ im High-Tech-Flitzer K.I.T.T., im Jahr darauf unter der Führung von George Peppard als Colonel Hannibal Smith die Robin-Hood-Söldnertruppe „Das A-Team“ und zuletzt 1984 eben das „Trio mit vier Fäusten“, dessen erste Staffel nun auf DVD erscheint.

Schöpfer all dieser Serien waren Stephen J. Cannell und Glen A. Larson. die von den Siebzigern bis Ende der Achtziger als Autoren und Produzenten das US-Fernsehen prägten. Sie haben zwar nie zusammengearbeitet, aber als Konkurrenten womöglich voneinander abgeschaut, um das Erfolgsrezept des jeweils anderen zu variieren. Larson, der in den 50er Jahren der Gesangsgruppe The Four Preps angehörte, hatte Stories für „Auf der Flucht“ verfasst, „Die Leute von der Shiloh Ranch“ und „Ein Sheriff in New York“ produziert. Nach „Quincy“ erfand er „Magnum“, „Ein Colt für alle Fälle“ und „Knight Rider“. Cannell gelang vor „Das A-Team“ und „Trio mit vier Fäusten“ der Durchbruch mit „Detektiv Rockford, Anruf genügt“.

Es waren zwei altgediente Haudegen am Werk, die den Kids mit viel Krach und Zunder. Tempo, Technik und flapsigem Humor in den Actionserien der frühen Achtziger teils trotzig. teils überzeichnet noch einmal tradierte Rollenmodelle unterjubelten. Frauen waren bei ihnen erst hilflose, dann dankbare Opfer, mit Augenaufschlag kurz durch die Strandszene schlendernde Bikini-Schönheiten oder strenge Staatsanwältinnen als Mutterersatz. Sex wurde allenfalls in Flirts angedeutet, und für tiefere Beziehungen reichte der Getühlshorizont nicht. Colt Seavers hielt sich mit Chauvi-Sprüchen unfassbarerweise selbst seine blonde Assistentin Jodv vom Leib.

Bezeichnend waren auch zwei wiederkehrende biografische Merkmale bei allen Figuren: Der Einsatz in Vietnam und eine fast schon entwurzelte Lebenweise, die man aus ihren Kriegserfahrungen geradezu schlussfolgern muss. In klassischer Western-Manier arbeiteten Larson und Cannell so ein nationales Trauma auf. Das A-Team hilft zwar den Entrechteten, kämpft allerdings als ehemalige Spezialeinheit auf der Flucht vor der Militärpolizei stets auch für die eigene Soldatenehre. Und die neue Identität des Knight Riders nach einer Schussverletzung deutet auf Verdrängung hin. Magnum dagegen wurde in jeder zweiten Folge schmerzhaft von der Erinnerung eingeholt. Letztlich lautet die Botschaft: Es waren gute Jungs da drüben, auch wenn sie jetzt fürs normale Leben verloren sind. Nur Colt war nicht in Vietnam, befindet sich aber als Stuntman auf dem Set ohnehin irgendwie dauernd im Krieg.

Er blieb auch der Einzige mit einem eigenen, im bürgerlichen Sinne festen Wohnsitz, obwohl das Ranchgebäude aussah wie eine „Shiloh“-Kulisse. Schon Quincy lebte eher unbehaust auf einem Segelboot, das zudem meist im Trockendock lag, und Rockford in einem Wohnwagen auf einem Parkplatz, der immerhin Meeresblick hatte. Der Chaot Magnum begnügte sich mit der Hausmeisterwohnung, aus der ihm ständig der Rauswurf drohte. Der Knight Rider war grundsätzlich unterwegs und hatte als Rückzugsort allenfalls die mobile Kommandozentrale, und die einzige Konstante des A-Team war ihr schwarzer, aufgemotzter Van.

In „Trio mit vier Fäusten“ hat Cannell dann all diese Versatzstücke, die auch Larson nutzte, am albernsten und schlichtesten zusammengefasst. Der blonde Schnauzbartträger Cody Allen (Perry King) und der glattrasierte Nick Ryder (Joe Penny) gehen hier als attraktive Vietnamveteranen durch, die auf einem alten Kabinenkreuzer in King Harbor mit dem schusseligen, schmalen Computergenie Murray Bozinsky (Thom Bray) eine Privatdetektei betreiben. Sie besitzen sie außerdem ein Speedboat und einen pink lackierten Militärhubschrauber. In jeder Episode zicken sie sich etwas wie Magnum mit Higgins, schlagen sie sich ein bisschen wie Colt, liefern sie sich Autoverfolgungsjagden wie in „Knight Rider“, greifen sie beherzt auch mal zu Maschinenpistolen wie „Das A-Team“, und Brays rollender Roboter ersetzt K.I.T.T.. Die Serie war schon beim Start ein Auslaufmodell. Denn 1984 schlug „Miami Vice“ mit neuer Optik einen weit härteren Ton an.

Larson produzierte danach nur noch Flops, Cannell reizte das maskuline Konzept ein letztes Mal 1992 für „Renegade. Gnadenlose Jagd“ aus, worin er als Bösewicht auch mitspielte. Da hatten „Twin Peaks“ und „Akte X“ mit ihren komplexen Geschichten und komplexbeladenen Charakteren bereits den Serienkosmos revolutioniert.

Einer der einflussreichsten Autoren ist seither David E. Kelley, der mit „Chicago Hope“und“Ally McBeal“den Weg in die Praxen metrosexueller Ärzte und neurotischer Anwältinnen wies. Heute lösen Detektive ihre Fälle nicht mehr mit Fäusten, sondern mit Pinzetten, rasieren Männer sich neben dem Brusthaar auch die Beine und fahren mausgraue Mittelklassewagen. Man muss der alten Spezies nicht unbedingt nachtrauern, aber manchmal wecken all diese überkandidelten Serien verschämt die Sehnsucht nach schnöder Männlichkeit. Vielleicht ging es auch Kelley so, der zuletzt „Boston Legal“ schrieb mit den Alpha-Tieren William Shatner und James Spader, die immer am Ende großspurig ihre Zigarren paffen wie einst Colt Seavers und „A Team“ Colonel Hannibal Smith.

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