Manfred Mann: Die guten Lieder sind ausgegangen
Warum das neue Album von Manfred Mann „2006“ heißt? Berechtigte Frage. „Genau weiß ich’s auch nicht“, zweifelt Mann, „irgendwie ist der Titel ein bisschen verkehrt, aber nicht völlig. Das gefällt mir.“ Ein bisschen verkehrt, aber nicht völlig: Das ist auch für Mann selbst eine ganz gute Beschreibung. Denn natürlich ist der seit 40 Jahren aktive Musikveteran ein Fossil mit Oldie-Hits und dem faden Beigeschmack von Gestrigkeit. Doch tatsächlich ist Mann einer, der immer um Musik bemüht war, die nicht nostalgisch wiederkäut, sondern im Hier und Jetzt zumindest irgendwie Sinn machen muss. Jüngstes Beispiel ist das besagte neue Album, ein sperriges Ding aus manchmal Fripp-artigem Prog-Rock mit R&B-Versatz, monströsdüsteren Harmoniewäldern und unausweichlich – unendlichen Moog-Soli. „Als es Zeit für eine neue Platte war, gab es auf dem Markt keine guten Lieder“, erklärt Mann, dessen extrem britischer, bis ins Letzte elaborierter Tonfall eine echte Schau ist, „ich kann nicht schreiben, also musste ich mir was einfallen lassen.“ Mangels besserer Alternativen durchforstete Mann sein großes Archiv klassischer Musik und begann, einige Themen von u.a. Tschaikowsky, Holst und Massenet für eine Neuinterpretation aufzubereiten. Die Fragmente gingen per Post der Earth Band zu, deren Mitglieder sich unabhängig voneinander ihren Reim drauf machen mussten. Erst im Studio, vorm laufenden Tonband, wurden die musikalischen Blind Dates in endlosen Jams zu den vorliegenden, von Mann mühsam zusammengeschnittenen Songs. „Es wird langsam schwierig, neue Platten zu machen“, findet Mann, „ich kann nicht singen, nicht komponieren, und ich bin ein Keyboarder. Alles ist immer ein bisschen ein Schuss ins Blaue.“ Auch ins Blaue geschossen hat auf „2006“ übrigens Thomas D.(!), der hier und da einen Rap reinhält und die seltsame Platte noch seltsamer macht.