Mal ganz allein mit den Songs sein wollen

Mit dem jüngsten Album widmet sich Chan Marshall alias Cat Power ihren Lieblingssongs.Wer nun eine beliebige Covers-LP erwartet, liegt falsch

Chan Marshall mummelt sich in ihre Bettdecke. Der Frager darf mit aufs Laken, aber fragt er falsch, dann schlägt die gute Laune um. Zwar strahlt Chan meistens, doch wenn ihr etwas nicht gefällt, wie dumme deutsche Mixer, die ihre starke, aber fragile Stimme auf der Bühne unsensibel in die Monitorboxen versenken, verbirgt sie sich verletzt und störrisch hinter ihrem hellbraunen wall-of-hair. Aber was soll’s? Chan ist eine kleine Königin, sie darf und kann alles. Nur, weiß sie das eigentlich selbst auch?

Von ihrem gefühlvollen Gesang, der auf dem neuen Album „The Covers Record“ über alle Unzulänglichkeiten der Technik erhaben ist, sagt sie bescheiden: „So kann jeder singen. Ich singe nicht wirklich. Es ist sehr einfach, nichts Besonderes.“ Drei Sätze, die ihr Weltbild umreissen. Mehr noch als bei ihrem Album „Moon Pix“ sind die Songs von „The Covers Record“ auf das nur denkbar mögliche Minimum reduziert.

Außer auf „Salty Dog“, bei dem Matt Sweeney von Chavez mitwirkt, ist nur Chan, mal an der Gitarre, mal am Piano, zu hören. Sie wollte und musste mal alleine sein mit den Songs.

Die Platte ist kein normales Covers-Album, keine gewöhnliche Ansammlung von Lieblingsliedern oder gar die konzeptionelle Dekonstruktion klassischer Rock- und Pop-Werke. Vielmehr sammelten sich die Songs einfach an und wurden völlig spontan eingespielt, wie das von Dylan bekannte Traditional,,Paths Of Glory“. „Es gibt für mich nie ein Konzept, auch beim Songschreiben nicht. Das wäre unmöglich.“ Und was ist mit diesem Song namens „Satisfaction“? „Nun, das war der Favorit meiner Eltern.“

„Wild Is The Wind“ von Nina Simone, „Naked If I Want To“ von Moby Grape, „I Found A Reason“ von den Velvets als auch „Red Apples“ vom verehrten Bill Callahan alias Smog zählen zu den Juwelen. Es sind aber auch zwei Songs des sträflich unkannten Songwriters Michael Hurley dabei. „Er ist über 60, kommt aus den Appalachen und sieht aus wie Willie Nelson. Die Platte, die ich von ihm am meisten liebe, ist „Armchair Boogie“. Ich habe sie leider nur auf Tape. Sammler zahlen heute #500 für diese Kostbarkeit.“ Ihr nächstes Werk würde Chan gerne in der Begleitung von Judah Bauer (Blues Explosion) und John Fahey aufnehmen. Aber vorher will sie im Kleinwagen durch die Staaten touren – mit dabei ihr Freund. „Nur ich und er. Es ist so anders, wenn du mit jemand unterwegs bist, den du liebst – stimmt’s?“

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates