Mac DeMarco & Co.: Ist der Slacker eigentlich noch zeitgemäß?
Mac DeMarco, Kurt Vile oder Stephen Malkmus verkörpern den ewigen Slouch der Rockmusik – doch ist der Begriff des archetypischen Faulpelzes und Alt-Rock-Dudes mittlerweile nicht überholt?
„Soy un perdedor“, so sah sich Beck Hansen selbst in seinem Hit aus „Mellow Gold“ im Jahr 1994. Sie waren Loser, Drückeberger, Faulpelze. Der Stereotyp des Slackers, der Anfang der Neunziger aus der Knospe Nirvanas und Sonic Youths zu blühen begann, wurde mit Bands wie Stephen Malkmus‘ Pavement zum Rock-Grundnahrungsmittel.
Mit seiner liebenswerten Haltung war das Slackertum ein ironischer Gegenentwurf zu den Sleaze-Rockern von Guns N‘ Roses und dem ambitionierten Indie-Pop von R.E.M.
Wer könnte es dem putzigen Slouch Mac DeMarco mit seinem zahnlückigen Grinsen schon übel nehmen, wenn er mit Stratocaster und Kordhose auf Höhe der Brustwarzen – oder nach der Hälfte der Show nur mit Stratocaster auf Höhe der Brustwarzen – stoned über die großen Festival-Bühnen des Sommers schlurft und ein faules „Nobody“ in die Menge gähnt?
Dieser schrullige Goofie, der einen fluffigen Sound mit der „Is-mir-doch-egal-ich-zieh-mir-einfach-Gras-rein-und-vergess-die-Sorgen-dieser-Welt“-Haltung verbindet, zitiert großzügig die „Slacker“-Attitüde. Ursprünglich war der Slacker aus Richard Linklaters gleichnamigem Streifen und Douglas Couplands „Generation X“ noch mit einer Bedeutung versehen. Er sollte den nichtsnutzigen Faulenzer aus der Bedeutungslosigkeit hieven.
Doch wird der als „Slacker“ definierte Alt-Rock-Dude seiner Bedeutung überhaupt noch gerecht?
AmazonDeMarco kündigte für dieses Jahr seine neue Platte „Here Comes The Cowboy“ mit dem bereits veröffentlichten Track „Nobody“ an. Um den Sänger zu kneifen, erinnerte ihn das Internet daran, dass auch Mitski bereits auf ihrem im letzten Jahr veröffentlichten Album „Be The Cowboy“ einen Song namens „Nobody“ verwendet hatte. Dem Zufall entgegnete der Musiker in typischer Slacker-Manier, nämlich in dem er behauptete, dass er ihr Album bisher noch nicht einmal angehört hätte.
Aber auch die Entschleunigung durch die Musik von DeMarco & Co. mag nicht so recht mit der Hypergeschwindigkeit des Konsums seiner Zielgruppe Schritt halten. Ein direktes Eingeständnis kommt von Slacker-Boss Stephen Malkmus höchstpersönlich, der gerade mit „Groove Denied“ ein elektronisches Album veröffentlichte und sich somit bewusst von seinem Signature-Genre entfernt.
Tell Me How You Really Feel
Es ist schon überraschend, dass sich Slack Rock überhaupt über die vielen Daseinsberechtigungshindernisse des Popdiskurses bis ins Jahr 2019 gerettet hat. In einem immer noch unfairen Business, in dem Frauen nach eigenen Angaben für die Hälfte der künstlerischen Anerkennung doppelt so viel leisten müssen, könnte das selbstgerechte Schulterzucken der zurückgelehnten, auf sich selbst bezogenen Macho-Musiker viele Kids verschrecken.
Als sich Beck mit seiner zurückgenommenen Folk-Platte „Morning Phase“ bei den Grammys 2015 gegen Beyoncés selbstbetiteltes Bombast-Album durchsetzte, wurden Thesen wie diese schnell zum Manifest gegen das männliche „Understatement“. Aber hörbare Qualität schlägt eben manchmal sichtbare Verpackung.
Das demonstrierte auch zuletzt eindrücklich Courtney Barnett, die nicht nur mit ihrem wuchtigen Gitarrenspiel betört, sondern mit ihrer natürlichen Lässigkeit auch ihre männlichen Kollegen beeindruckt. Philadelphia-Dude Kurt Vile nahm mit ihr direkt das Duett „Lotta Sea Lice“ auf.
Courtney Barnett gelingt die Balance zwischen Laissez-faire-Attitüde und musikalischer Dringlichkeit. Als frisch gekürte Slacker-Queen sollte sie es sich aber nicht allzu bequem machen.