„Lügen, Betrug, Gier“: Cure-Chef Robert Smith zerreißt Ticketkonzerne
„Künstler verstecken sich hinter ihrem Management. Wenn sie sagen, dass sie es nicht wissen, sind sie dumm oder lügen."
Robert Smith hält nicht viel von „dynamischer Preisgestaltung“ beim Angebot von Konzertkarten und dementsprechend wenig von Ticketmaster. „NO DYNAMIC PRICING“, titelte der Cure-Chef gewohnt in gehämmerten Versalien auf Twitter, um das Album-Launch-Konzert seiner Band am 01. November im Londoner Troxy zu bewerben. „Lügen, Betrug, Gier“: Mit diesen Worten zerreißt Cure-Chef Robert Smith die Ticketkonzerne
„Dynamische Preisgestaltung“ meint eine Preisstrategie, bei der Unternehmen die Preise für Produkte oder Dienstleistungen „auf Basis des aktuellen Marktbedarfs“ anpassen. Soll bei Tickets heißen: Je mehr Leute sich für Karten interessieren, desto höher steigen Preise, die vorher noch als fest galten.
Bei Oasis gab es zuletzt einen gigantischen Aufruhr: Innenplatz-Tickets fürs Wembley-Stadion kosteten auf einmal nicht mehr 150 Britische Pfund, sondern 375. Mehr als doppelt so viel. Was umso ärgerlicher anmutet, da der neue Preis erst nach stundenlangem Warten in der Ticketschlange offenbart wurde.
Robert Smith gilt als Vorkämpfer der Konzertbesucher
Schon in der Vergangenheit war Ticketmaster Robert Smith ein Dorn im Auge. Bei der letzten Cure-Welttournee sorgte Smith – so kommunizierte er es zumindest auf X – für faire Ticketpreise (und beim Konzert-Merchandise übrigens auch). Smith legte in letzter Konsequenz die Preise für die US-Tournee selbst fest und konfrontierte Ticketmaster wegen deren Methode des Draufschlagens zusätzlicher Gebühren. Das Unternehmen erstattet den Käufern daraufhin das Geld zurück. Seitdem gilt Robert Smith als Vorkämpfer der Konzertbesucher.
Nun legte er in einem Interview nach. „Ich war schockiert, wie viel Gewinn gemacht wird“, sagte Smith über das moderne Ticketing. Ohne Ticketmaster jedoch beim Namen zu nennen, wohlgemerkt. „Ich dachte: ‘Wir müssen nicht so viel Geld verdienen.‘ Bei meinen Kämpfen mit dem Label ging es immer darum, wie wir die Preise senken können. Der einzige Grund, warum man für einen Auftritt mehr verlangen würde, wäre, wenn man befürchten müsste, dass es das letzte Mal wäre, dass man ein T-Shirt verkaufen kann“, so der Cure-Sänger im Gespräch mit der „Times“.
Smith glaubt, dass man die Treue der Fans nicht überstrapazieren sollte. Denn Geld ließen sie bei Konzertabenden so oder so da. „Wenn man selbstbewusst genug ist, um zu glauben, dass man auch in einem Jahr noch da sein wird, dann möchte man, dass die Show großartig ist. Damit die Leute wiederkommen. Man will nicht so viel verlangen, wie der Markt hergibt. Wenn die Leute bei den Tickets sparen, kaufen sie Bier oder Merchandise-Artikel. Es gibt Wohlwollen, sie kommen beim nächsten Mal wieder. Es ist eine sich selbst erfüllende gute Stimmung. Und ich verstehe nicht, warum nicht mehr Leute so handeln.“
„Die meisten Künstler verstecken sich hinter ihrem Management“
Dann greift Smith nicht nur die Kartenanbieter an, sondern auch Künstler, die „dynamische Preisgestaltung“ zulassen. „Es war einfach für uns, die Ticketpreise festzulegen. Aber man muss stur sein. Wir haben keine dynamische Preisgestaltung zugelassen, weil es ein Betrug ist, der verschwinden würde, wenn jeder Künstler sagen würde: “Ich will das nicht!“ Aber die meisten Künstler verstecken sich hinter ihrem Management. „Oh, das wussten wir nicht“, sagen sie. Sie wissen es alle. Wenn sie sagen, dass sie es nicht wissen, sind sie entweder verdammt dumm. Oder lügen. Es ist einfach nur Gier.“
Schließlich reflektiert die moderne Konsumwelt auch die Themen des neuen Cure-Albums „Songs of a Lost World“. Alles ineinander verzahnt. ‚Die Welt geht zugrunde. Es ist verrückt. Es geht um Gier, Ungleichheit und Geldmacherei. Mir ist klar geworden, dass einige meiner Reaktionen auf die moderne Welt etwas extrem sind. Dass ich zu einem alten Miesepeter werde. Und dass es leicht ist, in Erinnerungen an eine Welt zu schwelgen, die es nicht mehr gibt … aber es gibt Momente, in denen ich einfach nur die Haustür geschlossen halten möchte.“