Love Song von Tom Odell wird aus heiterem Himmel zur Iran-Hymne
Plötzlich wieder in den internationalen Charts! „Another Love“ bekommt völlig unerwartet einen politischen Dreh und lässt die Kassen des Sängers klingeln.
Die Endlosschlaufe der Popmusik ist ein Phänomen unserer Tage. Längst im „Back-Katalog“ verschwundene Althits kehren plötzlich wieder zurück ins Jetzt. Sozusagen ein Re-Inacting von Songs aus dem verstaubten Plattenschrank. Mal geschieht dies durch die Verwendung als Score bei Serien von Streamingdiensten wie bei Kate Bush („Wuthering Heights“) oder durch Remixe wie bei „Africa“ der US-M.O.R.-Band Toto.
Jetzt hat es auch UK-Schmusebarde Tom Odell erwischt. Sein Hit „Another Love“ aus dem ansonsten nur schemenhaft präsenten Popjahrgang 2012/2013 ist nun ausgerechnet über die aktuellen Revolten gegen das Mullah-System im Iran wieder ins Bewusstsein zurückgespült worden.
Damals ein elfter Platz im Single-Segment von MediaControl – knapp ein Jahrzehnt später ist nun schon Rang Neun in Deutschland erreicht. In anderen (europäischen) Ländern steht das Lied sogar noch höher in den Musik-Tableaus.
Es sind die Songzeilen “And if somebody hurts you, I wanna fight/ But my hands been broken one too many times/ So I’ll use my voice, I’ll be so fucking rude/ Words they always win, but I know I’ll lose”, die im Zuge der studentischen Protestwellen auf den Straßen von Teheran und anderswo als Solidaritätsnoten mit den ermordeten und geknechteten Demonstranten und Demonstrantinnen zum Einsatz gekommen sind.
Auch Carolin Kebekus setzte auf „Another Love“
In vielen sozialen Netzwerken verwendeten Frauen, die sich etwa in einer Solidaritäts-Note mit iranischen Frauen ihre Haare abschnitten, den Odell-Track als Soundtrack. Auch TV-Star Carolin Kebekus spielte ihn, als sie auf den Kölner Domplatte eine Solidaritäts-Kundgebung organisierte und moderierte.
Das mediale Ping-Pong zwischen analogen und digitalen Trägern bringt Schmachtfetzen wie „Another Love“ zurück in die Köpfe und Herzen. Auf der „Official Chart“-Website der Britischen Plattenindustrie heißt es dazu im Statistik-Jargon: „Just outside the Top 10, Tom Odell’s 2012 single ‚Another Love‘ is edging ever closer to its previous Number 10 peak. 10 years after release..”
Der mittlerweile 32-jährige Musiker pflegt seinen Goldschatz, der ihm satte Umsätze von der jeweiligen Verwertungsgesellschaften einbringen wird, so gut es eben geht. Bereits beim Glastonbury zelebrierte er „Another Love“ im Jahr 2019. Nun ehrt er damit, ganz ohne es einst intendiert zu haben, in allerlei Shows die mutigen Frauen im Iran und anderswo.