Love is all you need
Scott und Lisey Landon sind ein perfektes Paar. Scott ist ein genialer Künstler, Lisey gibt ihm Geborgenheit und Wärme. Als Scott stirbt, hat Lisey zunächst nicht die Kraft, sich um seinen Nachlass zu kümmern, als sie sich zwei Jahre später aber doch dazu durchringt, überschlagen sich die Ereignisse. Ein Fremder hat es auf Scotts künstlerisches Vermächtnis abgesehen und bedroht Lisey, ihre Schwester Amanda dreht durch und spricht plötzlich mit der Stimme des verstorbenen Scott. Die Horrorstory nimmt ihren Lauf. Geschrieben wurde sie von Stephen King, in deutschsprachiger Ausgabe erschien sie im Herbst 2006 unter dem Titel „Love“.
Love, Love, Love – da fällt mir die nicht weniger gruselige Geschichte eines Künstlers ein, der als Mitglied einer Hand das Thema Liebe erforscht hat wie kein zweiter, von „Love Me Do“ bis „In the end the love you take is equal to the love you make.“ Geschrieben hat sie das Leben – oder sagen wir doch besser: die Boulevardpresse.
Paul und Linda McCartney sind ein perfektes Paar. Paul ist ein genialer Künstler, Linda gibt ihm Geborgenheit und Wärme. Als Linda stirbt, hat Paul zunächst nicht die Kraft, mit der Arbeit an einem Oratorium, die er zusammen mit ihr begonnen hatte, fortzufahren.
Er lenkt sich anderweitig ab, heiratet eine einbeinige blonde Frau namens Heather Mills, die Linda in ihrer herben Schönheit ein bisschen ähnlich zu sein scheint und zeugt mit ihr ein Kind. Als er die Arbeiten am Oratorium wieder aufnimmt und daraus eine Art Requiem für seine verstorbene große Liebe Linda macht, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Seine Ehe zerbricht, Heather fordert Millionen, doch der knauserige Milliardär Paul stellt sich bockig. Daraufhin stellt sie ihn in der Öffentlichkeit als gewalttätigen Kiffer und Trinker dar, der ihr, der Behinderten, die Bettpfanne klaue und ihr verbiete, die gemeinsame Tochter Beatrice zu stillen, da er sich als alleiniger Besitzer ihrer Brüste sehe.
Schließlich wird Heather verrückt, spricht mit Lindas Stimme und beschuldigt ihn, auch sie geschlagen zu haben, ein Tonband taucht auf, auf dem Linda zwischen ihren Schilderungen zu einem vegetarischen Kochbuch auch die saftigen Probleme ihrer nach außen hin so harmonischen Ehe ausbreitet. Pauls Tochter, die Modeschöpferin Stella, dreht durch und will Heather umbringen. Paul muss zum Psychiater, verbarrikadiert sich, tauscht die Schlösser in seinem Palast aus, Heather tappt in die Alarmanlage, das gemeinsame Kind wird per Hubschrauber zwischen den beiden Eltern hin und her transportiert.
Anfang November 2006 präsentiert ein dünnhäutiger Paul schließlich sein für Linda komponiertes lateinisch-englisches Requiem „Ecce Cor Meum“ der Presse. Als die Rede auf seine gescheiterte Ehe kommt, bricht er, beleidigt und zugleich den Tränen nahe, die Pressekonferenz ab.
Doch wenige Tage später scheint es in der Londoner Royal Albert Hall doch noch ein Happy End für unseren Helden zu geben. Sein Werk wird aufgeführt, er wird umjubelt, dankt all seinen Freunden, die in der schweren Zeit zu ihm gehalten haben, und Tausende bunter Papierherzen schweben von der Decke.
Aber zwei Wochen nach dem großen Triumph erscheint eine Platte, auf der der taube treue Freund George Martin zusammen mit seinem Sohn Giles Pauls musikalisches Vermächtnis aufs Schlimmste schändet. Aus seinen genial ungekünstelten Songs, den Elementen der Popchemie, ertönt plötzlich im Dolby-Surround-Sound die Stimme des Bombastes und der Prätention. Fast meint man, aus diesem Monster von Frankensteinscher Dimension, das nach Willen seiner Schöpfer im Zirkus tanzen soll wie ein durch jahrelange Käfighaltung psychotisches Wildtier, spreche ein gewisser Pink Floyd.
Der Name dieser angsteinflößenden Kreatur? Natürlich „Love“. Stephen King lässt schon grüßen.