Lour Reed – New York, Knitting Factory
Wenn es denn einen Rockmusiker gibt, der New York verkörpert, dann is das zweifellos Lou Reed. Seine Biografie und sein künstlerisches Output verzahnen sich förmlich mit der jüngeren Geschichte dieser Stadt, auch wenn er auf seiner aktuellen Single „Modern Dance“ mit einem Leben in Amsterdam oder gar Edinburgh flirtet.
Nichts da, Lou Reed ist und bleibt der „New York City Man“ schlechthin, wie diese Warm-up-Gigs zur anstehenden Welttournee zeigen. Ganze 400 Zuschauer fasst der „main room“ der Knitting Factory, knapp ein Drittel der Tickets dürfte für die Gästeliste reserviert gewesen sein, und die restlichen Karten waren in wenigen Stunden unter die Leute gebracht. Niemand sollte sein Kommen bereuen. „Uncle Lou“ ist locker wie selten und unterhält sich und sein Publikum, das ihn mit langgezogenen „Lou“-Rufen begrüßt, bestens. Es gilt, die aktuelle Platte „Ecstasy“ live zu erporben – die Songs von „Mad“ über „Rock Minuet“ bis hin zum grandiosen, düsteren Titeltrack und dem furiosen „Future Farmers Of America“ bilden den Kern des Programms. Hart, aggressiv, manchmal manisch und dann wieder zerbrechlich und verletzlich, werden sie von Reeds kongenialer Band, die auch schon das Album einspielte, dargeboten. Mike Rathke ergänzt mit seinem oft bösen, manchmal geradezu sadistischen Stil perfekt Reeds Gitarrenphrasen, Fernando Saunders‘ Bass ist zwischen Jazz und No Wave angesiedelt, und Tony Thunder Smith macht an den Drums seinem Namen alle Ehre.
Zwischen den überzeugenden „Ecstasy“-Songs gibt es, quasi zur Entspannung, immer wieder ein paar alte Bekannte wie „Turn To Me“ oder das punkig interpretierte „Romeo Had Juliet“ zu hören. Das klingt hervorragend und wirkt oft bemerkenswert „under-rehearsed“. Nicht immer akkurat, sondern extrem lebendig. Und über allem thront Lou Reed, der seine Band, das Publikum und nicht zuletzt sich selbst vollkommen im Griff hat. Das einzige, was ihn zu stören scheint, ist das auch in der Knitting Factory durchgesetzte Rauchverbot: „No smoking, not even in a club? Something’s going wrong!“
Zum Schluss kommt noch „Sweet Jane“ als Zugabe. Jede Menge zufriedener Fans trinken ein letztes „Rolling Rock“, und, ach ja, Neil Young war auch da.