Lou die Gitarre und das Mehr
In „Zweimal Hölle und zurück" setzt PETER KACZMAREK Detektiv Lou Hoeller auf einen flüchtigen Gitarrengott an - und verirrt sich selbst in einer wirren Story
Man ärgert sich gleich über den dumpf alliterierenden Untertitel dieses Buches, der „Kölsch 8C Komedy 8C Krimi“ verspricht. Je nun, dafür kann der Autor nichts. Wofür er dann sehr wohl etwas kann, ist die streckenweise hanebüchene, alle Regeln der Wahrscheinlichkeit über den Haufen werfende Handlung, die dann auf der letzten Seite immerhin noch halbwegs, wenn auch reichlich wohlfeil motiviert wird: Was Lou Hoeller, dem desiJlusionierten, lebensüberdrüssigen, aber die eigenen Selbstmordversuche stets kläglich vergeigenden private eye mit Faible für Psychedelic Rock und einer Antipathie gegenüber Jazz da alles widerfährt, könnte auch bloß ein Traum gewesen sein (resp. eine drogeninduzierte Vision).
Hoeller wird von einem halbseidenen Barbesitzer und Veranstalter eines Jazz-Festivals beauftragt, die legendäre Stratocaster-Ikone Old „Tremor“ Davis, eine Art Jazz-Variante vonjimi Hendrix, zum Auftritt zu expedieren, weil dieser in den Jahren zuvor alle Gigs in letzter Minute geschmissen hat. Hoeller will ihn vom Flughafen abholen, erfahrt dort, dass Davis nach Amsterdam getürmt ist und verfolgt ihn mit seiner sehr libidinösen, sehr blonden Freundin Kat, die immerhin für ein paar saftige Beischlafszenen gut ist Der erste Taxifahrer erweist sich gleich als Davis‘ Sohn. Gemeinsam befreien sie ihn aus dem Gefängnis, weil dieser zuvor versucht hatte, die Lufthansa-Maschine zu hijacken. Davis entwischt erneut, wird aber von Hoeller gestellt. Ein Doppeldecker steht plötzlich am Wegesrand, der sie pünktlich nach Köln zurückbringen könnte – nicht umsonst ist Davis ehemaliger Kampfflieger und Korea-Veteran. Noch dazu aber ein Fuchs, er überlistet Hoeller und fliegt mit ihm nach England. Jetzt reißt diesem der Geduldsfaden, er setzt sich selbst hinter das Steuer, fliegt nach Köln zurück und baut eine Bruchlandung, bei der sich Davis den Spielarm bricht Aber auch Hoeller ist nicht von gestern, er schmiert sich sein Gesicht mit Schmieröl ein, steigt erst in die Klamotten von Davis, dann auf die Bühne – und gibt ein grandioses Konzert, weil die Gitarre plötzlich von selbst spielen kann. Aha! Aber der Plot ist nicht nur absurd, beinahe schon surreal, er ist nicht einmal geschlossen. Zu viele Handlungsstränge laufen ins Leere, so als sei dies nur der erste Teil eines Fortsetzungsromans. So weiß man bis zum Schluss nicht, wogegen die Polizei nun ermittelt. Drogen sollen im Spiel sein. Und ein silberner Koffer taucht auch bisweilen auf…
Diese strukturellen Defizite ärgern um so mehr, als Kaczmareks hartgekochte, dabei immer ironisch abgefederte und slangreiche Diktion eigentlich ganz gut klingt (auch wenn man die eine oder andere mitleidlose, offenbar an Jörg Fauser geschulte Reflexion über das dumpfe Existieren im zeitgenössischen Deutschland etwas aufgesetzt wirkt). Und vor allem kann er über Musik schreiben: „Schweres Bassbrummen, immer einen halben Ton auf- und abschwellend. Wie ein großkalibriger Schlagbohrer, der, mit langsamer Drehzahl auf einer dicken Betonwand in Gang geraten, keben Millimeter vorankam und immer wieder von neuem angesetzt wurde. Das war kein Instrument, das war ein Arbeitsgerät.
Der Mann am Bass verstand sein Handwerk. Er hatte alles so angelegt, dass es von Anfang an tierisch auf die Nerven ging.“ Nicht übel.