Lloyd Cole / Dirk Darmstaedter / Christian Kjellvander – München, Backstage-Club
Die Songwriter Lloyd Cole, Dirk Darmstaedter und Christian Kjellvander versuchen sich an der Reduktion
Eine ziemlich miese Absteige sei das, schildert der schwedische Indie-Mädchen-Liebling Christian Kjellvander das Münchner Hotel, in dem er an diesem Abend mit seinen beiden Kollegen Lloyd Cole und Dirk Darmstaedter untergebracht ist. Die Vorstellung, am nächsten Morgen nackt in solch einem schmuddeligen Badezimmer stehen zu müssen, macht ihn ganz fertig.
Seine eigenen Songs quasi nackt, nur mit einer Gitarre bekleidet, ganz allein live auf der Bühne aufzuführen, scheint ihm weniger auszumachen. Nicht einmal die Beats des nebenan die große Backstage-Halle aufmischenden Bushido können ihn aus der Ruhe bringen, als er an diesem Abend die schlicht „Sit down and sing“ betitelte Songwriter-Revue eröffnet.
Ein Schemel, eine Gitarre, viele (größtenteils sitzende) Zuhörer – das kleine Einmaleins des Songwriting wird hier dreimal hintereinander hergesagt. Auch ohne ein stilechtes Lagerfeuer bleibt es da nicht aus, daß die Protagonisten ab und zu mal mitten ins Klischee tapsen. Kjellvander etwa plündert in seinen Songs die amerikanische Songtradtion, als wäre er mit Dock Boggs zur Schule gegangen. Die gute alte Straße, die eigentlich das Leben ist, ist lang in seinen Lieder, und er bewegt sich ganz gemächlich auf der Standspur. Aber reden wir nicht von Straßen.
Dirk Darmstaedter bekennt, auf dieser Tour zum Rotweintrinker geworden zu sein, hüpft während seines Sets aber eher wie ein Alcopops-Häschen auf seinem Hocker herum. Ein klassischer Songwriter ist er ja eh nicht, seine Stücke rufen förmlich nach einer gefälligen Produktion und können den (manchmal zu) leichten Pop-Appeal nicht verleugnen.
Doch es ist seltsamerweise gerade der milde Meister des Songs Lloyd Cole, der sich am weitesten vom Liedermacher-Stereotyp wegbewegen kann. Paradoxerweise gerade wegen der Klasse seiner Kompositionen. „Past Imperfect“ und „Are You Ready To Be Heartbroken?“, mit denen er eröffnet, bleiben auch dann noch subtile Popklassiker, wenn sie geschrummelt und gezupft werden.
Als Cole den „best song of the evening“ ankündigt, ist das weder Größenwahn noch Ironie – auch wenn die in Stimme und Mimik bei ihm immer mitzuschwingen scheint -, sondern eine Verneigung vor Tim Hardins „Reason To Believe“. Der zweitschönste Song des Abends stammt dann aber von Cole selbst: „No More Love Songs“ verweist in einer intimen Version sogar den anschließenden „Famous Blue Raincoat“ auf die Plätze. Da hat man das karge, gar etwas freudlose Konzept des Abends bereits vergessen, schwelgt in Melodien und Erinnerungen. Ein neues Album sei auch fast fertig, berichtet Cole noch und spielt dann einen frischgeschriebenen, etwas rästelhaften Song über verratene Ideale und den „neocon economic dream“. Am Ende steht „Perfect Skin“: „Strikes me, the moral of this song must be there never has been one.“ Schöner hätte man’s zum Abschluß nicht sagen können.