Link Wray – Hamburg, Logo
Punk jenseits der Rentengrenze muß kein schlechter Witz sein. Glaubt man den vorsichtigeren Geschichtsschreibern des Rock, ist Link Wray 66, doch in Sachen Härte schlägt er noch jede Band der Enkel-Generation. Daran zweifelt keiner, der auf der jüngsten Tour sein „Rumble“ gehört hat. Natürlich muß dieses monströse Instrumental, mit dem Wray 1957 die Distortion in den Rock’n’Roll einführte, am Anfang von jedem Auftritt stehen. Noch immer und immer wieder.
Selbst Hartgesottene meiden im Logo den Raum vor den Boxen, denn Link Wray läßt die Anlage in extremen Frequenzen fiepen. Schon nach einer Minute muß er abbrechen und sich eine neue Saite auf die Gitarre ziehen lassen. Doch der Mann bleibt ruhig. Menschen, die schlecht gelebt haben, sind in seinem Alter senil – die es richtig gemacht haben, besitzen Gleichmut. Link Wray lächelt.
Auch bei all seinen unvergeßlichen Surf-Instrumentals, bei „The Swag“ etwa oder „Jack The Ripper“ – Nummern, die den Unterschied zum Pendant Dick Dale zeigen. Technische Akuratesse ist für Wray weniger wichtig als die verstärkersprengende Verzerrung, oder besser: Seine Akuratesse liegt in der Verzerrung. Deshalb schütteln sich die sonst um Eleganz bemühten Teds an diesem Abend, bis die Schrippen aus den Haaren fallen.
Link Wray lächelt, weiterhin. Auch während er Evergreens von Hank Williams oder Elvis singt, und auch während er seine Gitarre von der Bühne hält, damit das junge Volk draufschlagen kann. Das ist euphorisiert und will auch nach der, gelinde gesagt, merkwürdigen Version von Steppenwolfs „Born To Be Wild“ mehr. Also kommt die Band noch einmal für „Rumble“ auf die Bühne. Klar, damit muß jedes Konzert von Link Wray aufhören. Immer noch und immer wieder.