Lieblingsalben der 80er: „The Lexicon of Love“ von ABC
Sie war nicht mehr dieselbe in jenem Sommer 1982, unsere Welt. Genau genommen stand sie sogar einen Moment lang still, als das Streicher-Intro von „Show Me“ einsetzte.
Post-Punk verkrümelte sich langsam, auch die Szene um die New Romantics veränderte sich kaleidoskopartig. Britfunk drängte sich in den Vordergrund. Es gab Bands wie Pigbag, und Paul Weller löste The Jam auf, um ein Jahr später The Style Council zu gründen. ABC wollten alles. Sie wollten Punk und Motown sein und James Bond. Sie zeigten Haltung, traten klug auf und ließen gleichzeitig die hedonistische Seite von Disco wieder aufleben. Das Album über gewonnene und zerronnene Liebe konzipierten sie wie einen Hollywoodfilm und revolutionierten damit den Pop. ABC packten mehr in jeden einzelnen Song als manche ihrer Zeitgenossen auf eine komplette LP. Nie klang ein „Hip hip hooray“ mondäner, ein „Goodbye“ dramatischer und endgültiger, ein Saxofon luxuriöser. „Martin, maybe one day you’ll find true love …“
Produzent Trevor Horn sagt, dass ihm in seiner Karriere nie wieder bessere Texte untergekommen seien. Und hinzu gesellte sich noch die Emotion in der Stimme von einem knietief in Herzblut watenden Martin Fry, einem Sänger, von dem man vorher noch nie gehört hatte. Außerdem trug dieser Martin noch jenen dazu passenden Goldlamé-Anzug. Spandau Ballet besaßen einen Privatjet, er dieses Kleidungsstück. „Who broke my heart? You did, you did.“
Alle Beteiligten trugen ihr Scherflein zum Gelingen dieses Jahrhundertwerks bei, nicht nur die Musiker: Horn, der nach seinem „Video Killed The Radio Star“ der Buggles und kurz vor der Gründung des Labels ZTT nach der perfekten Produktion griff; mit damals neuestem Equipment ließ er das Album richtig teuer klingen. Gary Langan, der Tontechniker. Anne Dudley, die die Streicher- Arrangements schrieb und Keyboard spielte. Alle danach vereint bei Art Of Noise.
„The Lexicon Of Love“ klingt auch 2023 noch modern. ABC muss man hoch anrechnen, dass sie es lange vermieden haben, dieses Album zu kopieren. 2016 schließlich erschien „The Lexicon Of Love II“. Aber das war nicht das Gleiche …