Leserbriefe
Zu westlich?
Dass Sie in Ihrer deutschen Top 50 kein ostdeutsches Album dabei haben würden, habe ich sofort gewusst. Und zwar nicht, weil es hierfür abseits von Folklore und Heimatkunde kaum Kandidaten gibt (was man zugeben muss). Auch nicht, weil Musikgeschmack nunmal subjektiv ist oder offensichtlich nur wenige Jury-Mitglieder meine Meinung teilen, dass „Bataillon d’Amour“ bis heute nichts von seiner musikalischen und poetischen Kraft eingebüßt hat.
Nein, dies war mir deshalb klar, weil sich Ihr Magazin von Anfang an aus einem zutieft westlichen Lebensgefühl gespeist hat und sich noch nie für ostdeutsche Musikgeschichte interessiert hat. Hier unterscheidet sich die Musikindustrie sehr stark vom Sport, wo die ostdeutsche Vergangenheit selbstverständlich als eigene Geschichte anerkannt wird. André Weißbach
Kein Risiko?
Offenbar haben hier Alt-Westdeutsche ihre Jugend gefeiert und ihre Musik von damals gewählt. Während wir eingesperrte Ossi-Jugend aufmerksam die Musikszene im Westen verfolgten und die unsrige registrierten, muss es im Westen eine Mauer in den Köpfen gegeben haben. Während Bands wie Renft, Pankow usw. gesellschaftskritische Bezüge in ihre Musik aufnahmen, riskierten sie Auftritts- oder gar Berufsverbote. Was riskierten Kunze, Fehlfarben, Can, Grönemeyer oder Udo Lindenberg? Sven Martin
Trostpreis
Keine Ahnung, wie groß Eure ostdeutsche Leserschaft ist und wie wild oder sanftmütig sie die Abstimmung zu den besten 50 Platten der deutschen Popgeschichte kommentiert. Sind ja alles tolle Alben, unbestritten ein paar ganz große Sachen dabei, und an der Nummer eins gibt’s auch für mich nichts zu rütteln. Fragwürdig erscheint mir nur die völlige Abwesenheit des wiedervereinigten Ostens vor und nach dem umjubelten Mauerfall.
Andererseits auch nicht verwunderlich: Herr Bargeld findet Selbstkomponiertes in Mehrfachnennung am schicksten, Anna Loos mag von Silly nur ihre eigene Scheibe, und für den Jammerossi gibt’s die unvermeidliche Hagen-Platte als mahnenden Trostpreis dazu – ach Gottchen!
Martin Lorenz
Pfefferminz
Mir hat die Top 50 ausgesprochen gut gefallen. Was auffällt, ist jedoch die völlige Abstinenz von Marius Müller-Westernhagen. Nicht einmal „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ ist gelistet, das ist ja schon sehr erstaunlich, wie weit der Mann aufgrund seines Alterswerks nach unten durchgereicht worden ist, wenn man sieht, dass Herbert Grönemeyer gleich zweimal dabei ist. Ebenso ist die Nennung von Heinz Rudolf Kunze recht erstaunlich, wurde er doch jahrelang (jahrzehntelang?) von deutschen Journalisten totgeschwiegen. Peter H. Linke
Alternativen
Nachfolgend der Versuch einer Ost-Plattenliste. Ausdrücklich möchte ich sagen, dass ich damit keinerlei „Ostalgie“ unterstützen möchte, sondern nur an schöne Momente meiner Jugend erinnern: 1. Lift, „Meeresfahrt“ 2. Jürgen Kerth, „Gruppe Jürgen Kerth“ 3. Stern Combo Meissen, „Stern Combo Meissen“, „Weisses Gold“ 4. Klaus Renft Combo, „Klaus Renft Combo“, „Renft“ 5. Manfred Krug, „Das war nur ein Moment“, „Hauch von Frühling“ 6. Bayon, „Bayon“ 7. Reform „Reform“. Martin Stein
Ganz ähnlich wie Herr Stein schickten auch zahlreiche andere Leser ihre persönlichen Favoriten des sogenannten Ost-Rock. Wir denken zurzeit noch über eine geeignete Form nach, diese allen Lesern zugänglich zu machen. Parallel ermitteln die User des RS-Forums in diesen Tagen ihre eigene deutsche Bestenliste. Die Redaktion
Handlich und praktisch?
Ich war im Sommer drei Wochen in den USA und habe dort den rolling stone mit Vergnügen gelesen. Besonders gefiel mir das dortige Format, handlich und praktisch. Könnte man das nicht auch bei uns einführen? Außerdem finde ich die 14-tägige Erscheinungsweise gut. Ansonsten wünsche ich mir als Abonnent: Macht weiter so! Bernhard Winter