Leinwand

Nichts ist vergänglicher als die Liebe, und deshalb werden ihr immer wieder Denkmäler gesetzt. Der Melodramatiker Wong Kar-wei hat dies mit seinen Filmen „Chunking Express“ und „Fallen Angels“ getan, virtuos stilisierte und montierte Gefühlsreigen zwischen Hektik und meditativer Melancholie, in denen er die Ästhetik von Video-Clips und der Fotografie zu einer eigenen Kunstform verknüpfte.

Mit noch innigerem Stilwillen hat der Hongkong-Regisseur nun In The Mood For Love (Start 30.11.)arrangiert, eine Liebesgeschichte und eine Liebeserklärung an die 60er Jahre. Su (Maggie Cheung) und Chow (Tony Leung) beziehen am selben Tag ihre Zimmer in nebeneinander liegenden Mehrfamilien-Apartments. Beide sind verheiratet, aber viel alleine. Während Sus Mann oft auf Geschäftsreisen ist, kriselt es in Chows Ehe. Langsam freunden sich die Einsamen an, scheu, verwirrt und heimlich, um kein Gerede auszulösen.

Der Film ist wie ein Gemälde, das von Sehnsucht erzählt, von einer Annährung und vom Ehebruch, ohne letzteren zu zeigen. Mit Schnitten und Kameraperspektiven schafft Kar-wei Leerstellen, die seinem Liebespaar eine Unschuld bewahren und zugleich eine verzweifelte Romantik betonen, während er mit Wiederholungen von Alltagssituationen die Veränderungen andeutet. Auf gleiche Weise zeigt er von ihren Ehepartnern erst nur Rücken oder Beine, bis sie plötzlich ganz verschwunden sind – und sich eine Ahnung in eine neue Gewissheit verkehrt.

„In The Mood For Love“ ist berührende, verführerische Pop-Art-Poesie, in der Orange und Rot dominieren und die Sinnlichkeit in den Details liegt. Wenn Maggie Cheung stumm und mit traurigem Blick in engen, knielangen, dennoch hochgeschlossenen Kleidern auf Pumps grazil über das nasse Gehwegpflaster stöckelt, möchte man ihr eine Träne schenken.

Ein strenger Stilist und Poet ganz anderer Art ist Takeshi Kitano. Im Westen ist der Japaner erst bekannt, seit sein Cop-Drama „Hana-Bi“ die Goldene Palme von Cannes erhalten hat. In seiner Heimat aber gilt der Komiker, Moderator, Musiker, Schriftsteller und Schauspieler durch seine bizarr-brutalen Yakuza-Krimis wie „Boiling Point“ oder „Sonatine“ als bedeutendster Regisseur seit Kurosawa und Suzuki. Mit Brother (Start 21.12.) hat er nun seinen ersten Film in Amerika gedreht, der mit desperater Lakonik und Komik von Kaltblütigkeit, Gewalt und kulturellen Gegensätzen erzählt.

Takeshi spielt den Yakuza Yamamoto, der sich in Tokio nicht einem neuen Boss unterwerfen will und deshalb nach Los Angeles flüchtet, wo er seinen kleinen Bruder Ken aufsucht. Wie Schulbuben stehen der und seine Kumpels betreten daneben, als Yamamoto hispanische Dealer und ihre Bosse umlegt. Die Jungs übernehmen den Drogenhandel, schwelgen in Luxus. Yamamoto sieht meist stumm zu. Als die Clique schließlich selbstgefällig der italienischen Mafia einen Anteil verweigert, kichert er: „It’s over, we all die.“

Schweigen und Stille sind die wichtigsten Elemente des Minimalisten, aus denen heraus seine lebensmüden Hauptfiguren plötzlich unbewegt exzessive Gewalttaten anrichtet. Obwohl er dies expliziter zeigt als sonst, ist „Brother“ sein zugänglichster, auch schönster Film. Wie für eine Visitenkarte hat er Motive früherer Filme übernommen, etwa eine heitere Spielszene am Strand, und führt mit bewegender Konsequenz vor, dass Treue mehr wiegt als das eigene Leben.

Kraftlos und nichtssagend dagegen geht The 6th Day (Start 14.12.) vorüber. Arnold Schwarzenegger ist ein ganz normaler Familienvater, der eines Tages seinem eigenen Klon gegenüber steht. Patzer eines Konzerns, der mit illegalen Gen-Experimenten die Weltherrschaft anstrebt. Daher muss der echte Daddy, ahm, terminiert werden. Es gibt ein paar hübsche visuelle Tricks und Einfälle zum Alltag in der Zukunft, die „Äktschn“ jedoch ist von vorgestern.

Ron Howards Der Grinch (Start 23.11.) ist phantastisches, kitschiges Wundertüten-Kino zwischen Disneyland und „Alice In Wonderland“ nach dem Kinderbuch von Dr. Seuss aus den 50er Jahren. In dem Märchenort Whoville ist bald Weihnachten. Nur die giftgrüne, pelzige Missgeburt Grinch (Jim Carrey) hasst diese organisierte Fröhlichkeit. Seit er als Kind gedemütigt worden ist, haust er in einer Höhle, von wo aus er das Fest sabotiert. Mehr Mitleid hat man, als ihn dann ein kleines Mädchen bekehrt. Aber für die Moral der Kinder…

Mit einer leichten Komödie über einen Schmalspurganoven (Start 23.11.) beglückt einen mal wieder Woody Allen. Er selbst spielt den alternden Tellerwäscher Ray, der sich gerne in das Pensionärs-Paradies Miami zurückziehen würde. Also heckt er einen Geldraub aus. Mit seinen Kumpels, ebensolche Nieten wie er, mietet er einen leerstehenden Laden, um vom Keller aus einen Tunnel bis in die Bank zwei Häuser weiter zu buddeln. Zur Tarnung verkauft seine Frau Frenchy (Tracey Ullman) oben selbstgebackene Kekse. Der Bruch geht schief – aber die Kekse machen alle reich. Und damit fangen die Probleme erst an. Die abgedroschene Weisheit, dass auch Geld nicht glücklich, füllt Allen mit Slapstick und köstlichen Bonmonts über den Snobismus wohlhabender Bildungsbürger aus.

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