Leichte Schwermut

Die amerikanische Songschreiberin Edith Frost beherrscht vor allem die musikalische Winterdepression

Für eine Frau, die sich in ihren Liedern gerne als Zynikerin ausgibt und über einsame oder gebrochene Herzen und die Unmöglichkeit von Happy Ends singt, vertraut Edith der Liebe im wirklichen Leben überraschend vorbehaltlos. Ansonsten hätte sie sich neulich bestimmt kein Konzert von Bruce Springsteen angeschaut. „Aus freien Stücken hätt ich das nie gemacht. Mein Freund mußte mich dazu regelrecht überreden“, gibt die 41jährige zu, „aber ich war positiv überrascht. Das war richtig gut. Da hab ich echt was dazu gelernt.“

Bruce Springsteen könnte dagegen von ihr gar nicht viel lernen, befürchtet Edith Frost, „zumindest nicht musikalisch. Aber vielleicht kann ich ihm mal beibringen, wie man jongliert“, sagt sie und kichert.

Auch wenn ihr Album „It’s A Game“ wie der Wirkverstärker für die nächste Winterdepression klingt, lacht die leidenschaftliche Rollerskaterin, die trotz einiger Touren durch Europa Deutschland bislang nur als Frankfurter Flughafen kennt, erstaunlich viel. Manchmal sogar ins Mikro — wie ein recht ulkiges Outtake des Songs „Good To Know“ beweist, das sie auf ihrer Homepage veröffentlicht hat.

Ihre Lieder, beteuert sie, klingen sowieso nur deshalb so schwermütig, „weil es viel schwieriger für mich ist, glückliche Momente auszudrücken.“ Einsamkeit sei zwar das Gefühl, das sie als Songwriterin am besten beschreiben könne, aber bestimmt nicht der einzige Gemütszustand, den sie privat kenne, sagt sie und lacht beweiskräftig.

Seit 1997 lebt die Texanerin in Chicago und füllt Schwermut in Alben, die sich vor allem durch die Mitspieler unterscheiden. „Meine Platten saugen immer ein bißchen die Persönlichkeit der Musiker auf, mit denen ich gerade arbeite“, sagt sie. Edith Frost in Reinform gibt es dagegen nur gratis übers Internet zu hören. 2004 hat sie auf dem freien Internet-Plattenlabel Comfort Stand zu Hause aufgenommene Demoversionen einiger Songs veröffentlicht. Etwa das ätherische „Cars And Parties“, das sich auf ihrem dritten Album „Wonder Wonder“ von 2001 in einen munteren Popsong verwandelte.

Während auf dem 1998er „Telescopic“ vor allem Neil Hagerty Spuren hinterließ, sorgen auf „It’s A Game“ etwa der Fingerpicking-Spezialist John Hasbrouck, Pianistin Azita Yousefi oder Bassist Josh Abrams für eine bluesig-folkige Stimmung. War Edith Frosts Debüt „Calling Over Time“ noch stark vom Country geprägt, so gibt sich auf ihrem vierten Album nur noch der Walzer, A Mirage“ als klassische Countrynummer zu erkennen. Geblieben ist aber die zerbrechliche Schönheit der Songs, der trotzige Wehmut in Edith Frosts Stimme und ihr sentimental-sarkastischer Fatalismus: „I fall in love and end up blue/ That’s just the story of what I do“, lamentiert sie in „What’s The Use“.

Eine andere Konstante ist Produzent Rian Murphy, der bisher für alle Edith-Frost-Alben zuständig war: „Er ist mein zweites Gehirn. Mit fehlt oft die Vorstellungskraft, wie ein Song arrangiert werden kann. Doch Rian weiß immer genau, wie man das Beste aus einem Song herausholt.“ Und das Beste hat man nach Meinung der beiden dann rausgeholt, wenn der Song zeitlos klingt: „Du weißt ja, wie das ist, wenn man eine Platte aus den 8oern hört und denkt: ,Naja, typisch 80er.‘ Ich will nichts aufnehmen, das zehn Jahre später womöglich veraltet ist.“

Ihr erstes Album, findet sie jedenfalls, klinge immer noch ziemlich frisch. „Nichts daran muß mir heute peinlich sein“, freut sie sich. Das ist ungemein tröstlich. Im wirklichen Leben gibt es halt doch ab und zu ein Happy End.

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