„Lebenslange Schäden“: Baby vom „Nevermind“-Cover verklagt Nirvana
Für das Bild habe es nie eine offizielle Erlaubnis gegeben, so der heute 30-Jährige. Nun verlangt er Schadensersatz von der Band.
Die 90er waren die Zeit der unvermittelten Genre-Booms. Niemand wird so schnell den plötzlichen Grunge-Hype um die Band Nirvana vergessen haben. Ihre Platte NEVERMIND gehört noch heute zu den am häufigsten verkauften Alben aller Zeiten und machte die Band um Sänger Kurt Cobain zur Legende.
Auch das Cover der LP werden die meisten noch sehr bildlich vor Augen haben. Es zeigt ein unbekleidetes Baby, das einem Geldschein hinterher schwimmt. Eben jenes Baby heißt Spencer Elden. Und der erwachsene Elden findet das Cover mittlerweile ganz und gar nicht mehr witzig. Er verklagt die Band, Cobains Hinterbliebene und weitere beteiligte Personen nun auf Schadensersatz.
Keine Erlaubnis – keine Zensur
Der Vorwurf Eldens ist schwerwiegend. Er beschuldigt die Band, mit ihrem Cover wissentlich kommerzielle Kinderpornografie in Umlauf gebracht zu haben. Zudem habe es für das Bild ihm zufolge nie eine offizielle Erlaubnis gegeben. In der Anklageschrift heißt es hierzu: „Weder Spencer noch seine Erziehungsberechtigten haben jemals eine Freigabe unterschrieben, die die Verwendung von Bildern von Spencer oder seines Bildes erlaubt, und schon gar nicht von kommerzieller Kinderpornografie, die ihn zeigt.“
Eldens Vater war zwar beim Foto-Shooting dabei und erhielt Gerüchten zufolge auch einen Betrag von 200 Dollar für die Bilder, er hatte jedoch nie etwas unterschrieben. Eine Situation die heute, angesichts der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung), undenkbar ist, damals jedoch nicht unüblich war.
Weiter wird angegeben, Kurt Cobain habe Elden damals zugesichert, das Bild zu zensieren. Der Sänger habe zu diesem Zweck einen Sticker anbringen wollen, der geschickt die intimen Teile von Eldens Körper verdecken sollte. Dieser sollte angeblich die Aufschrift „Wenn Sie sich daran stören, müssen Sie ein heimlicher Pädophiler sein“ tragen. Einen solchen Sticker hat es aber nie gegeben.
„Angepisst“ vom Cover
Elden verlangt nun Schadensersatz von den Hinterbliebenen Cobains. Das Bild, so behauptet Elden, habe ihm „lebenslange Schäden zugefügt“.
Der plötzliche Sinneswandel des 30-Jährigen überrascht viele der Beteiligten. Noch vor fünf Jahren hatte Elden nämlich anlässlich des 25. Jubiläums der Platte das angeprangerte Bild selbst und absolut freiwillig nachgestellt. Angeblich ziert seine Brust sogar ein Tattoo des NEVERMIND-Covers.
Doch Eldens Perspektive auf das Foto scheint sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt zu haben. In einem Interview mit der australischen GQ gab er 2016 an, „angepisst“ von dem Bild zu sein. „Ich habe das mein ganzes Leben lang mitgemacht“, erklärte er dort. „Aber in letzter Zeit habe ich nachgedacht: ,Was wäre, wenn ich nicht damit einverstanden wäre, dass mein verdammter Penis allen gezeigt wird?‘ Ich hatte nicht wirklich eine Wahl.“
Ob Elden nun Anspruch auf einen Schadensersatz hat, wird das Gericht prüfen müssen.
NEVERMIND war das zweite und bis heute bedeutendste Album von Nirvana. Mit rund 30 Millionen verkauften Exemplaren gehört es zu den kommerziell erfolgreichsten Alben weltweit. Songs wie „Smells Like Teen Spririt“ und „Come As You Are“ gelten noch heute als Hymnen einer ganzen Generation. Mit ihrem Grunge-Sound, der vor der Veröffentlichung noch als unpopulär galt, öffnete die Band die Türen für nachfolgende Bands wie Radiohead oder die Smashing Pumpkins. Der Sänger der Band, Kurt Cobain, nahm sich am 5. April 1994 im Alter von 27 Jahren das Leben.
+++ Dieser Artikel erschien zuerst auf musikexpress.de +++