Laß uns Freunde sein
Das Band-Gefühl mag sie nicht so - Isobel Campbell hat nach dem Abschied von Belle & Sebastian das Glück in losen Kollaborationen gefunden
Isobel Campbell. The girl with the thorn in her side. Das Rehlein, natürlich. Die bereits im frühen Video zum Belle & Sebastian-Song „A Century Of Fakers“ Flügel auf dem Rücken trug, ansonsten im Gras lag, Poeme schrieb, immer irgendwas malte. Manchmal einen Song sang, na, sagen wir mal: verschüchtert hauchte und später – zumindest optisch – Schulmädchen-Phantasien versorgte. Mit entrücktem Blick Cello und viele andere Instrumente spielte und den Verführungskünsten von Stuart Murdoch erlag, oder andersrum, immerhin eine Zeit lang. Die sich und ihre Putzigkeit zu seligen Belle & Sebastian-Zeiten auch in dem Nebenprojekt The Gentle Waves verwirklichte. Auf immerhin zwei recht ordentliche Alben brachte es die Band {„The Green Fields Of Foreverland“ von 1999, „Swansong For You“ von 2000), der als Gäste zahlreiche Mitglieder der Stamm-Combo angehörten, „I will change my mind a hundred times today“, sang Isobel damals. Was den Kollegen möglicherweise irgendwann schrecklich auf die Nerven ging.
2002 verließ die Campbell Belle & Sebastian, und ganz so freundschaftlich, wie es die Band in der Pressemitteilung darstellte, war der Split wohl doch nicht. „Herrgott, wir haben uns fast vier Jahre lang bemüht, daß sie sich gut fühlt. Wir waren wie befreit, als sie dann endlich ging“, trat Stuart Murdoch in einem „taz“-interview genervt nach. Campbell sprach indes von der wiedererlangten Selbstbestimmung und hat nach eigenen Angaben heute keinen Kontakt mehr zu den ehemaligen Mitstreitern.
Dafür aber eine ganze Reihe neuer Freunde, wie etwa Bill Wells. Mit dem eigenwilligen Jazz-Musiker (mit dem sie zu Sebastian-Zeiten teilweise im Vorprogramm der eigenen Band auftrat) nahm sie 2002 das Album „Ghost Of Yesterday“ auf, eine leider etwas zu fade Entdeckung der Monotonie und der Langsamkeit. Weit besser gelang da schon die erste Solo-Platte „Amorino“(2004), eine aufwendig instrumentierte Reminiszenz an die 60er Jahre, Bossa Nova, Jazz und Serge Gainsbourg. Gedanken aus dem Tagebuch, verschnörkelt geschrieben und von der schönen schottischen Unschuld vom Lande ebenso gesungen.
Einer Band mag Isobel Campbell so schnell nicht mehr angehören, sie greift dafür aber gerne auf ihr kleines Künstler-Netzwerk zurück. Jim McCulloch (früher bei den Soup Dragons und den BMX Bandits) hilft ihr schon mal an der Gitarre aus, sie revanchiert sich mit einem Gastauftritt bei seiner aktuellen Band Green Peppers. Eugene Kelly (The Vaselines, Captain America) sang auf Isobels „Time Is Just The Same“ die zweite Stimme und spielte mit ihr eine ganze Ladung bisher noch unveröffentlichtes Material ein. Auf der „Time ls…“-EP hörte man sie in „Why Does My Head Hurt So?“ erstmals im Duett mit Dunkelbrummer Mark Lanegan. „Mark hat dann vorgeschlagen, daß wir ein ganzes Album zusammen machen sollten. Also habe ich angefangen zu schreiben“, erklärt sie die Genese des neuen Duett-Albums „Ballad Of The Broken Seas“. Daß Lanegan die Platte mit seiner Blut-und-Whisky-Stimme naturgemäß dominiert, empfindet sie nicht als Manko: „Ich schreibe ohnehin sehr gerne Songs für andere Künstler.“ Als musikalische Vorbilder benennt sie neben – Überraschung! – Lee Hazlewood und Nancy Sinatra insbesondere die „American Recordings“ von Johnny Cash. Und ist in Gedanken schon wieder beim nächsten Projekt.
Denn Campbell, die gern mal eine Dance-Platte machen würde, aber leider nicht weiß, wie das geht, hat sich für 2006 noch einiges vorgenommen. Im zweiten Halbjahr soll eine weiteres Album namens „Milk White Sheet“ erscheinen (mit dabei: Ex-Smashing Pumpkin James lha). Die Platte, so Isobel schmunzelnd, wird alles andere als Party-tauglich sein und ausschließlich „songs for crying in your beer“ beinhalten. Ganz offenbar: Still the girl with the thorn in her side.