Larry David

Der genialische US-Komiker über seine Rolle im neuen Woody-Allen-Film und sein pikantes Humorverständnis.

Als „Woody Allen der Westküste“ wurde „Seinfeld „-Erfinder Larry David bereits gefeiert, bevor er sich in der US-Kultserie „Curb Your Enthusiasm“ kurzerhand selbst als Neurosenbündel besetzte. In mittlerweile sieben Staffeln perfektionierte der 62-Jährige die Kunst, seinen Mitmenschen das Leben möglichst schwer zu machen und keinen Fettnapf auszulassen – wenn er etwa ein Techtelmechtel mit einer Rollstuhlfahrerin beginnt, nur weil sie ihm Behindertenparkplätze verschafft. David hat eine Schwäche für das politisch Unkorrekte, nimmt zielsicher Sinn oder Unsinn gesellschaftlicher Etikette aufs Korn und ist ein Pionier jener Fremdschäm-Komik, die inzwischen von Borat bis Stromberg floriert. In Woody Allens 40. Film, „Whatever Works“, hat David nun erstmals für einen anderen Regisseur eine Hauptrolle übernommen – und schlägt sich hervorragend als misanthropischer Physiker, der einer natürlich viel zu jungen Frau verfällt. Der ROLLING STONE traf Larry David exklusiv in New York. Zu unserer Erleichterung gab er sich so launisch und selbstzweifelnd, wie es seine auch in Deutschland stetig wachsende Fanschar aus „Curb Your Enthusiasm“ gewohnt ist.

Woody Allen erzählte uns, dass er Sie nur widerwillig die Rolle annahmen. Warum zögerten Sie?

Ich stand für Woody schon in „Radio Days“ und „New York Stories“ vor der Kamera, doch das waren jeweils nur Sekundenbruchteile. Darauf hatte ich wieder Lust – mit einem Kurzauftritt kann nicht mal ich eine Produktion ruinieren. Doch dann gab er mir das Script zu „Whatever Works“, und beim Blättern sah ich, dass meine Rolle auf der ersten, auf der 50. und auf der letzten Seite eigenen Text hatte. Mir wurde fast übel vor Schreck!

Warum?

Weil ich nun mal kein Schauspieler bin. In „Curb Your Enthusiasm“ spiele ich mich selbst und kann dabei nach Belieben improvisieren, schaffe aber trotzdem nur fragwürdige Leistungen. In „Whatever Works“ hingegen sollte ich als Amateur einen kompletten Charakter übernehmen. Ich fühlte mich wie ein Busfahrer, der gebeten wird, die Präsidentenmaschine zu fliegen.

Packte Sie kein Ehrgeiz, sich an einer reizvollen neuen Aufgabe zu versuchen?

(lacht) Ehrgeiz? Ich halte den Weltrekord darin, vor potenziell peinlichen Herausforderungen am schnellsten das Weite zu suchen.

Wie sind Sie vom Gegenteil über- zeugt worden?

Woody ließ nicht locker. Rollte mit den Augen und riet mir, mich nicht so anzustellen. Und er hatte recht. Sein Buch war so gut, dass ich nur zwei Fehler vermeiden musste. Erstens: nie den Text vergessen. Zweitens: ihn niemals imitieren, denn das wäre der sicherste Weg zur Blamage gewesen.

Statt an Woody Allen denkt man angesichts Ihrer Rolle in „Whatever Works“ eher an Larry David aus „Curb Your Enthusiasm“.

„Curb“-Larry ist im Vergleich zum Misanthropen Boris im Film geradezu wie Ghandi. Ich finde grundsätzlich, dass die Serie falsch bewertet wird. Die Leute denken, dass Larry ein übellauniger Streitjunkie ist. Dabei kommt es nur wegen seiner Ehrlichkeit dauernd zu Konfrontationen.

Allen und Sie gelten als Meister typisch jüdischen Humors, der Ängste und Neurosen mit Selbstironie kontert. Sehen auch Sie diese Gemeinsamkeit?

Ich höre das oft. Leute kommen zu mir und sagen: „Hey, ich bin auch Jude, und niemand lacht mehr über deine Serie als ich.“ Ach wirklich? Denn so denke ich überhaupt nicht. Ich weiß von Woody, dass er mit dieser Einschätzung ähnliche Probleme hat. Wir versuchen beide, lustige Komiker zu sein – und nicht etwa lustige Juden.

Was halten Sie vom Komödientrend infantiler Geschmacklosigkeiten im US-Kino, mit dem die Gebrüder Farrelly oder Judd Apatow Erfolge feiern?

Als alter Mann bin ich manchmal ein wenig geschockt von dem, was der Nachwuchs zu zeigen und zu schreiben wagt. Doch ich begrüße jede Veränderung, weil die amerikanische Comedy-Szene immer über Tabubrüche zu neuer Vitalität gefunden hat. Lenny Bruce, Eddie Murphy, George Carlin – das waren in den Siebzigern auch keine Klosterschüler.

Sie leben schon lange in L.A., wuchsen aber nur wenige Blocks entfernt von Allens damaliger Wohnung in Brooklyn auf. Nie Heimweh nach New York?

Wenn ich an New York denke, habe ich sofort den stechenden Geruch von Urin in der Nase, der mich an der Haustür begrüßte. Gern denke ich auch an die tausend Kakerlaken in der Badewanne. Wunderbare Erinnerungen, denen ich mich im milden Kalifornien gern hingebe. Nur ist damit mein Bedürfnis nach Nostalgie erschöpft, fürchte ich.

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