Lang ist’s her, daß er in einer Band spielte. Als FATBOY SLIM fühlt sich Norman Cook wohler
Es ist Samstagabend, 21.30 Uhr, trotzdem lächelt Norman Cook noch etwas verschlafen. Vor zwei Stunden ist er aufgestanden und hat dann in einem Thai-Restaurant höllisch scharf gefrühstückt. Aber erst nach zwei Gläsern Vodka-Orange kehrten die Lebensgeister wirklich zurückund damit auch die Erinnerung: Bis morgens um 7 Uhr hatte sein alter ego Fatboy Slim Platten aufgelegt, natürlich auch den Hit „Rockafella Skank“ in einer exklusiven Version, in der das „Right about now, the funk soul brother“ mit dem Gitarrenriff von „Satisfaction“ unterlegt ist Um 10 Uhr saß er todmüde im Flieger nach Frankfurt. Dort angekommen, konnte der 36jährige Cook vor seinem nächsten DJ-Engagement noch etwas schlafen – im Arabella Grandhotel, einem kitschiggeschmacklosen Bettenbunker, mit Fluren so lang und bedrohlich wie in dem Film „The Shining“.
Sein erstes Engagement war ’85 als Bassist der Housemartins – einer sensiblen, gleichzeitig aber politisch engagierten Pop-Band, die gerne a-capella sang („Caravan Of Love“) und ansonsten die Meinung vertrat, man solle die Queen in kleine Stücke schneiden und an japanische Touristen verhökern, „foul Heaton, der Sänger, war ein alter Schulkamerad, deshalb konnte er mich zum Mitmachen überreden“, erzählt Cook. „Aber um ehrlich zu sein: Die Musik war grauenhaft – freiwillig hätt ich mir ’ne Platte der Housemartins nie gekauft“.
Verträumter Goldkehlchen-Pop ist nichts für den extrovertierten Spaßvogel aus Brighton, der bereits vor 20 Jahren nur ein Berufsziel kannte: DJ. „Das fing an mit ‚London Calling‘ von The Clash und ‚Grandmaster Flash’s Adventures On The Wheels Of Steel‘, und auch heute noch möchte ich die Leute überzeugen, von der Qualität meiner Lieblingsplatten.“ Nach den Housemartins gründete Cook die Dub-Pop-Band Beats International, danach kamen diverse Hits mit Projekten wie Freakpower, Pizzaman und The Mighty Dub Cats. Gleichzeitig verbesserte Cook als Remixer die Chart-Chancen von so unterschiedlichen Künstlern wie James Brown, Cornershop oder den Stereo MCs. Nach einem kleinen Fehlstart mit dem ersten, etwas zaghaften Fatboy Slim-Album „Better Living Through Chemistry“ entwickelte sich die Single „Rockafella Skank“ in diesem Jahr zum alternativen Sommerhit. Auch das aktuelle Album „You’ve Come A Long Way, Baby“ ist ein pralles, rockendes Vergnügen: Mit der Urgewalt einer 10-Meter-Welle donnern dicke HipHop-Beats über gurgelnde Surf-Gitarren und verzerrte Roboter-Sounds. Einmal plappert eine Endlos-Schleife minutenlang: „Fatboy Slim is fucking in heaven.“ Das ist Punkrock für den Dancefloor oder, wie man zur Zeit gerne sagt: Big Beat.
Inzwischen ist es nach Mitternacht, und der spindeldürre, von diversen Chemikalien getriebene Fatboy will Spaß. Zeit, aufzulegen – in einer Großraum-Disco namens „U 60311“. „Body Movin‘, Body Movin'“ läßt er die Beastie Boys mit hochgepitchten Stimmen plärren. Fatboy Slim liebt es, eigene Stücke zu spielen, oder – wie in diesem Fall – Remixe, die er für andere gemacht hat. Dazu fuchtelt er mit den Armen in der Luft herum, um anschließend ausgelassen in die Luft zu springen. Da wird klar, warum Norman Cook keine Band mehr braucht: Der Mann holt aus dem Plattenspieler mehr Rock’n’Roll als Noel Gallagher aus seiner Gitarre.