Lambchop – München, Muffathalle
Trotz Charterfolg und ausverkauften Hallen bewahren Lambchop die Ruhe
Einer der ersten Frühlingstage, und eine ziemlich lange Schlange von Menschen drängelt in eine dunkle Halle. Ein recht unscheinbarer Mann mit Schirmmütze schlendert, in sich hinein grinsend, an der Menge vorbei. Er ist zufrieden, denn er er ist Kurt Wagner, der Sänger von Lambchop, es ist ausverkauft, er bleibt unerkannt und hat noch ein bisschen Zeit, bis er auf die Bühne muss.
Denn zunächst setzen sich nur die Musiker des DAFOStreichquartetts aus Krakau auf ihre Stühle hoch oben auf der Bühne und beginnen mit einem humorigen Stück des polnischen Avantgardisten Krzysztof Penderecki.Dann schleichen auch schon die ersten Chops auf die Bühne. Einige wird man das gesamte Konzert über nicht wiedersehen, weil sie hinter Verstärkern versteckt musizieren werden. Die Mitte der Bühne beherrscht Tony Crows Klavier. Daneben sitzt Wagner auf seinem Lehnstuhl und legt als erstes Mal seine Uhr ab. Die Zeit verlieren.
Lambchop-Songs sind wir die Band selbst. Man erkennt sie nicht alle sofort, aber man liebt sie alle. Beim ersten Stück, „The Book I Haven’t Read“, muss man allerdings nicht lange überlegen. „The shivers on my spine/ Could be what we had in mind“ – dieses Mal jagt’s einem nicht ganz so viele Schauer den Rücken herunter wie bei den Konzerten der letzten Tour. Wo damals ein vertrauliches Flüstern, ist dieses Mal ein opulentes Schwelgen.
Nach den ersten Songs bedankt Wagner sich für den großen Zuspruch und beruhigt die Zu-spät-Gekommenen: „There’s still time“. Es folgt der gleichnamige Song, in der unsere Sterblichkeit beruhigend weit hinter die Zeit zurück tritt. Ab und zu schneidet ein lauter Gitarrenakkord in die trügerische Landidylle, wie zum Beispiel beim Bossa Nova „The Gusher“. Doch nach wenigen Takten sind alle scheuenden Pferdchen wieder eingefangen. Der Hofhund auf unserer kleinen Farm heißt Kurt Wagner und bellt manchmal ein bisschen zu viel. Zur Zugabe gibt’s natürlich „The Man Who Loved Beer“, „popularized by a former member of the Talking Heads“.
Als schon fast alle Zuschauer gegangen sind, kommt Kurt Wagner noch einmal auf die Bühne. Er hat seine Uhr vergessen.