Lady mit Röhren-Amp
Holly Golightly wurde erst als Gast der White Stripes bekannt, macht aber selbst viel Musik - analog
Holly Golightly seufzt und nickt traurig. Ja, die Leute, die ihr letztjähriges Duett mit den White Stripes auf deren Album „Elephant“ für ihr Debüt als Sängerin halten, gibt es wirklich. Schlimmer noch – in Wahrheit interessierte die meisten eigentlich nur, ob es wirklich ihre Stimme war, die ihr den Gastauftritt bei dem Detroiter Duo einbrachte.
„Es war immer wieder die gleiche Frage: ‚Hast du mit Jack White geschlafen?'“, erinnert sich die Britin und muss zur Beruhigung erst einmal an ihrem Gläschen Whiskey-Cola nippen. Dabei hat die Frau, die wirklich Holly Golightly heißt (wenn auch nur mit Vornamen!) seit 1991 fast 20 Alben und unzählige Singles veröffentlicht. Anfangs hielt sie als Protege von Billy Childish in der Girlgroup Thee Headcoatees die Garagenrock-Fahne auch in Zeiten hoch, als sich kaum jemand für das Genre interessierte, und seit rund zehn Jahren veröffentlicht sie in schöner Regelmäßigkeit wunderschöne Soloalben, die wie eine Jukebox aus den 60ern voll gestopft sind mit herrlich altmodischen elektrischen Bluessongs, Country-Folk-Rock voller Wärme und gedämpftem Rock’n’RolL Eine kleine, aber treue Fangemeinde dankt es ihr, und für sie schreibt Holly auch weiterhin Songs am laufenden Band, als sei die Musik ihr dayjob und nicht nur ihr Hobby – ihre neue LP „Slowly But Surely“ erscheint wiederum nur ein Jahr nach der letzten.
„Ich habe die Angewohnheit, meine Songs schnell zu vergessen, deshalb nehme ich sie sofort auf. Ich will den Kopf für neue Dinge frei haben und die Songs nicht ewig mit mir herumtragen“, erklärt Holly. Anders als bei Bands, die, wie sie verächtlich sagt, „ein Jahr ihr Album aufnehmen und dann ein weiteres Jahr überlegen, was sie für die Coverfotos anziehen sollen“, finden sich die Veränderungen auf ihren Platten zumeist in den Details. Auf dem neuen Album fällt die Orgel auf und die sanft geglättete Produktion, die ihr alter Weggefährten Liam Watson erledigt hat, in dessen mittlerweile berühmtem Tbe-Rag-Studio – so wie die gesamte „Elephant“-LP auch, „It’s True That We Love One Another“ mit Jack und Meg White entstand (wo man am Ende noch hört, wie Holly kokett eine Tasse Tee bestellt).
„Liam kennt dort jede Schraube, er hat alles selbst zusammengebastelt. Er ist von der alten Studiotechnik genauso besessen wie ich von meiner Musik. Wir haben beide einen sehr spezifischen Geschmack, sind aber auf unsere Weise dabei sehr progressiv“, glaubt Holly Golightly, die nach wie vor auf die analoge Studiotechnik schwört. „Digitale Hilfsmittel wie Protools lassen einem viel Raum, doch man kann damit auch ganz Vieles falsch machen. Für mich ergibt es einfach Sinn, alles so einfach wie möglich zu halten!“ Das sagen viele, doch kaum jemand nimmt es so ernst wie Holly: Am liebsten veröffentlicht sie ihre Platten nämlich nach wie vor in Mono.