Lachen mit Ed
Auf ihrer Suche nach der Wahrheit haben Live nun erkannt, dass Humor auch nicht schaden kann
Ed Kowalczyk hat wieder Haare. Und einen bunten Hut auf. Im ersten Moment denkt man, er wolle plötzlich Klaus Meine nacheifern, nicht wie üblich Michael Stipe. Auf das neue Album seiner Band Live hat das allerdings keine Auswirkungen, ein Glück. „V“ ist wieder ein brillantes Alternative-Rock-Album geworden, ein bisschen härter als die beiden Vorgänger und ebenso inspiriert wie das Erfolgswerk „Throwing Copper“.
Ein „meditatives Album“ nennt es Kowalczyk, aber diesmal hat er sich bemüht, nicht zu viele Zen-Weisheiten einzubauen. Die Texte sollten „schon noch poetisch, aber verständlicher und direkter“ sein. Live spielen immer noch gerne bei Benefizkonzerten und engagieren sich für die Erde. Aber Ed will dass man endlich merkt, dass er auch anders kann: „Manchmal nervt mich das Image, das ich habe. So ernst und so humorlos bin ich gar nicht. Nur weil man nach der Wahrheit sucht, gilt man in der westlichen Welt automatisch als bierernst. Ich bin nur intensiv.“
So intensiv, dass er es schon vor einigen Jahren nicht mehr zu Hause in Pennsylvania aushielt und nach L.A. zog – ins östliche Hollywood, „wo die Stadt noch funky und stränge ist“. Natürlich nerve ihn dort manchmal die Ansammlung von Starlets und Möchtegern-Rockstars, seufzt Kowalczyk, aber dann wettert er gleich gegen die Massenkultur: „Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, die früher mal einen eigenen Charme hatte. Es ist tragisch, wie es da jetzt aussieht – diese Mittelmäßigkeit, die sich ausbreitet, wenn überall dieselben Läden aufmachen. Dagegen sind die Metropolen die einzigen Orte in Amerika, wo ich noch leben kann, weil es dort noch verschiedene Buchläden und Bands gibt, mehr Subkultur. Nicht nur Mails und eine grauenvolle Einheits-Popkultur.“ Dem Massengeschmack haben sich Live nie angebiedert, das können sie gar nicht. Kowalczyk ist fest davon überzeugt, dass „die Welt Menschen braucht, die eigene Visionen haben“, und sieht im Erfolg von Live vor allem die Chance, „anderen Bands Glauben und Hoffnung geben“. Im Kampf um seine musikalischen Ideale, gibt der sonst so friedliebende Ed zu, gab es Momente, in denen er „durchaus Leute erwürgen wollte“, aber dann entschied er sich für „ignorieren, anschreien – und auf die Fans vertrauen“. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm jedenfalls nie, weshalb er auch kein Problem damit hat, dass der Rest der Band neben ihm eher verblasst. „Hauptsache, wir werden gehört. Wer redet, ist egal. Die Themen sind entscheidend. Dass man ehrlich ist und Liebe in die Welt trägt und all das. Früher fiel es mir nicht so leicht, das deutlich auszusprechen. Es klingt immer so abgehoben.“ Er lacht und schüttelt über sich selbst den Kopf. „Aber ich will mich ja nicht mehr dafür interessieren, was andere denken könnten.“