LA. war keine Kur: Auch auf Album Nr. 3 kultivieren SOUL COUGHING New Yorker Neurosen
Mit Migräne schreibt sich s besser? Fragen wir M. Doughty, den von chronischem Kopfschmerz allzu oft geplagten Tonangeber der New Yorker Rock-Avantgardisten. Auf den einschlägigen Fan-Sites im Internet wird bereits heftig darüber spekuliert, ob Doughty nicht vielleicht sogar für den nihilistischen Cartoon-Charakter Mignaine Boy auf MTV Pate stand passen würde es ja. Mit zickigen Beats und neurotischen Lyrics haben sich Soul Coughing zumindest bei der internationalen Intelligenzia längst einen Namen gemacht: Bebrillte Rollkragenpulloverträger aus den Metropolen dieser Welt nippen nachdenklich am Ginger Ale, wenn sich Doughty durch die Abstrusitäten des Alltags nölt und dabei von elektronisch gefuttertem Frickel-Groove begleitet wird.
Auf „Ruby Vroom“ und „Irresistible Miss“ folgt nun das dritte Album, das den erklärungsbedürftigen Titel „El Oso“ (spanisch: Der Bär) trägt. „Können natürlich nur Insider verstehen“, erklärt M. Doughty (das M steht für Michael). „Bei Konzerten kritzele ich immer einen Bären auf die Setlist – und der folgt stets einem bestimmten Motto. Ich weiß nicht mehr, wann ich damit angefangen habe, aber inzwischen ist es eine Tradition, ohne die wir gar nicht mehr auftreten können. Zudem handelt das Album von den Defiziten an innerer wie äußerer Ruhe; auch aus dieser Perspektive schien der Album-Titel auf merkwürdige Weise zu passen.“
Doughty, Mark De Gli Antoni, Sebastian Steinberg und Drummer Yuval Gabay verließen für die Aufnahmen zu JEl Oso“ das vertraute New Yorker Terrain und brachen nach LA. auf- nur um dort festzustellen, daß das ungewohnte Klima die Migräne ihres anfälligen Sängers zu neuen Höchstleistungen beflügelte. „Es gab Tage, an denen ich stundenlang orientierungslos durch Hollywood irrte. Unser Studio lag ganz in der Nähe des Hollywood Boulevards, also lief ich los und klapperte alle Sterne auf dem Walk Of Farne ab, nur um mich abzulenken und und nicht an die verdammten Kopfschmerzen denken zu müssen.“
Der Tortur zum Trotz fielen dem bekennenden „Beverly Hills 90210“-Fan dann doch noch einige Songtexte ein – Texte, die von Rastlosigkeit handeln wie in „Rolling“, Haßtiraden gegen Inline-Skater schleudern wie in „Houston“ oder einfach nur Hektik verbreiten wie in n Misunderstood“.Der Band gelingt es einmal mehr, den neurotischen Puls des Großstaddebens in Musik umzusetzen. Auf den Komfort digitalisierter Sound-Partikel wird auch diesmal weitestgehend verzichtet; selbst die vertracktesten Rhythmus-Schichten spielt Gabay brav mit den Drums ein. Erst wenn das Handwerk an seine Grenzen stößt, wird Kollege Computer konsultiert Doughty, in der Band für Gitarren-Sounds zuständig, hat undefinierbare Klänge kreiert – Gangadanks und Chooglers genannt – die auf seine herausgebeilten Texte maßgeschneidert sind.
Notorische New Yorker, die sie nun mal sind, haben sie für die Zeit nach dem Studio natürlich gleich eine Tour angesetzt. Der L.A.-Bazillus hat keine Chance, und so wird denn ein leidener Doughty wieder sein ‚owerbook um den Globus schleppen und mit Songtexten ringen. Oso, den Bären, aber, den gibt’s nach wie vor nur auf Papier.