Kylie Minogue im Interview: Mit „Golden“ ein Trauma überwinden

Kylie Minogue über ihre Aufnahmen in Nashville, das Ende ihrer Beziehung, eine Begegnung mit Dolly Parton und das alte Auto ihres Vaters

Dies ist ein Artikel aus der Reihe „Das Beste aus 30 Jahren ROLLING STONE“ und erschien zuerst im September 2018.

Wenn Madonna die „Königin des Pop“ ist, dann ist Kylie Minogue die Prinzessin: verspielter und positiver. Ihren Durchbruch feierte die Australierin 1988 mit dem Stock-Aitken-Waterman-Song „I Should Be So Lucky“. Als sie 1995 mit Nick Cave für „Where The Wild Roses Grow“ duettierte, wurde sie auch als Künstlerin ernst genommen. Nun wird Minogue 50, veröffentlicht mit „Golden“ eine (mit Discoklängen arrangierte) Hommage auf Country und Nashville – und blickt auf eine gescheiterte Beziehung zurück.

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Sie haben sich jetzt nicht nur Country einverleibt, sondern …
Nein, nein! Ich habe mir Country nicht einverleibt. Ich habe mich nur davon in­spirieren lassen.

Entschuldigung! Und Sie lieben auch Spaghettiwestern. „Golden“ huldigt Ennio Morricones Melodie aus „Zwei glorreiche Halunken“.
Ich wollte Country und Western ausprobieren, Nashville schien mir die ideale Wahl für die Aufnahmen zu sein. Das Morricone-­Zitat stammt aus der Art Idee, die man entwickelt, wenn man nicht weiterweiß. Kaffee machen oder kurz im Badezimmer verschwinden, dann kommt die Eingebung.

Sie arbeiteten mit Liz Rose zusammen, Songwriterin für Taylor Swift. Wie vereint man Nashville mit Pop?
Ich betrat Neuland. Alle Lieder entstanden auf der Gitarre. Normalerweise gehe ich ins Studio, dort bearbeite ich, was Produzenten vorbereitet haben: diese Tonspur hier, jene Spur da, ich sang über die Spuren, lernte so die Lieder kennen, machte sie mir zu eigen. Diesmal war ich von Anfang an dabei, und wir diskutierten: Banjo war zu laut! Geige zu leise!

Im Country wandern Neulinge auf einem schmalen Grat zwischen Ernst und Albernheit. Wie umschiffen Sie Cowboyhut-Klischees?
Ich verbrachte viel Zeit in Nashville, würde mich aber als Lernende bezeichnen. Mein Respekt vor dem Genre und der Stadt ist immens – man läuft da nicht schnell in eine Bar und kommt groß raus. Viele Sängerinnen probieren sich im Laufe ihrer Karriere an Jazz. Meine Messlatte war Country, denn ich will in meinen Songs Szenenbilder, Geschichten entwerfen.

„Golden“ wird auch als Herzschmerzalbum beworben. Sie trennten sich von Schauspieler Joshua Sasse. Dylan, ­Sinatra, Gaye – mit Abschiedsplatten haben die ihren Verflossenen Denkmäler gesetzt. Bereut man solche Platten nicht später?
Ich habe die Beziehung hinter mir gelassen, und mein Album ist kein Denkmal für diese Person. Die schmerzlichste Zeit war kurz vor der Trennung, nicht danach. Als es vorbei war, fühlte ich mich zerbrochen, aber mein Herz war nicht gebrochen. Ein wenig traumatisch war es trotzdem. In ihrer Frühphase waren die Songs nicht gut. Vielleicht weil ich Dinge verarbeitete, ich sang sie wie Einträge in einem Tagebuch. Zu buchstäblich. Dann entdeckte ich eine gelöstere Herangehensweise. Man sagt, „Humor is tragedy plus time.“ Ich fragte mich: Könnte mir so eine Erfahrung ein weiteres Mal passieren? Wahrscheinlich! Und warum auch nicht?

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Der Song „Shelby ’68“ markiert nicht nur ein Auto-Baujahr, sondern auch Ihr Geburtsjahr. Genießen Sie Nostalgie?
Es gibt zwei Betrachtungsweisen. Nostalgie ist ein warmes Gefühl, aber sie verdeutlicht auch, dass etwas vorbei ist. Ich bin keine 20 mehr. Aber ich bin auch noch nicht 80. Ich habe die Hälfte meines Lebens sehr sicher durchschritten, doch ich finde: „We’re not young, we’re not old – we’re golden.“

Keine Wehmut?
Es gab für mich immer nur einen einzigen Grund zurückzublicken, und das war, um nach Geschichten für meine Lieder zu suchen. „Shelby ’68“ dreht sich um das Auto meines Vaters, also um ihn selbst. Er liebt Mustangs. Für das Stück wurde das originale Motorgeräusch aufgenommen. Ich sagte: „Dad! Kannst du das glauben? Dein Auto, auf meiner Platte!“ Er: „Darling, das ist super! Aber weißt du, es heißt nicht „­Shelby ’68“, sondern „’68 Shelby“. Wie soll ich das Lied meinen Jungs vom Autoclub präsentieren?“ Das habe ich akzeptiert. Aber für meine Reime musste ich die Bezeichnung umbauen.

Haben Sie Dolly Parton getroffen?
2016 – erst so spät! Ich sie, erst so spät! Schon ein wenig lächerlich … Cher ­habe ich bis heute nicht auf der Bühne erlebt. Ich begegnete Dolly vor ihrem Konzert im Hollywood Bowl. Es war eine großartige Erfahrung, mich als Fan zu fühlen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich meinen Arm um Dollys Hüfte gelegt hatte. Hoffentlich habe ich nicht so etwas wie „Aus­tralia loves you!“ gerufen.

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Dass Parton Ihr Idol ist, war vor den Aufnahmen nicht bekannt.
Wer könnte Dolly nicht lieben? Ihre Auftritte sind so, als würde man in weißes Licht blicken. Ich will Dolly einen Brief schreiben, mit diesem Anfang: „Liebe Dolly … (Pause) Ich möchte, dass Du weißt, wie inspirierend Du … (Lacht). Whatever!

In Ihren Shows zelebrieren Sie das Ausleben von Sexualität, solange es auf Einverständnis beruht. Wie können Männer dazu gebracht werden, Grenzen zu akzeptieren?
Das ist eine Frage, auf die ich keine eindeutige Antwort weiß. Auf jeden Fall sollten wir an den gesunden Menschenverstand appellieren – obwohl ich auch keine Ahnung habe, ob das bei allen überhaupt möglich ist. Es ist gut, dass die Wahrnehmung geschärft wurde, dass „Nein“ ein „Nein“ bedeutet.

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