Kritik: „The Walking Dead“, Staffel 9, Folge 2 – Rick ein Zombie? Nope!
Wer Rick jetzt schon als Zombie sehen will, wird enttäuscht. Aber es gibt eine andere Überraschung: das bisher unwahrscheinlichste Liebespaar der Serie
Wie immer: Spoiler!
Andrew Lincoln alias Rick Grimes wird „The Walking Dead“ verlassen, innerhalb der nächsten Episoden, so viel steht fest. Nur noch nicht: wann und wie. Als Zombie oder doch als Mensch?
Als Ricks Nachfolger, nicht nur als Anführer der Überlebenden, sondern auch, was die Gage angeht, haben die Serienmacher Norman Reedus alias Daryl Dixon auserkoren. Er ist der neue „TWD“-Leader. Der Hillbilly wird in Folge zwei der neunten Staffel schon mal sanft auf Kurs gebracht. Beweist im Kampf mit den Untoten extreme, John-Wick-artige Messerfertigkeiten, Führungsstärke. Die klügsten Entscheidungen aber wird der maulfaule Hitzkopf wohl nie treffen können: „Du solltest Deinen Hund an der kurzen Leine führen“, lautet ein Ratschlag an Rick.
Mit dem „Hund“ ist Daryl gemeint. Ein Kompliment an den scheidenden, besonnenen Lincoln, und eine Warnung an alle: Unter Daryls Leitung wird die Gemeinschaft nicht mehr dieselbe sein.
Verminderte Schuldfähigkeit
Die Folge ist leider nur so lange unterhaltsam, wie die Baumstämme nicht losrollen. Wer sie sieht, weiß sofort: Die werden für eine Action-Szene gebraucht. Im ersten Moment ruht das lange Holz, zusammengebunden und aufgestapelt, vor sich hin. Dann kommen die Zombies aus dem Wald, und los geht’s. Es gab ja schon vom Auto überrollte Zombies, es gab von Tieren zertrampelte Zombies, es gab von Menschen totgetretene Zombies – was gab es noch nicht? Von Baumstämmen zerquetschte Zombies.
Manchmal hat man den Eindruck, die Autoren erhalten den Auftrag, sich für jede Folge eine neue Folter für die tumben Kreaturen auszudenken. Ist halt, wie immer schon, nur blöd, wenn der Sinn für „überraschend verwendete“ Requisiten schon fünf Minuten zuvor ersichtlich wird. Keine Frage, dass die rollenden Baumstämme hier ihren Zweck erfüllen. Denn sie zerquetschen ja nicht, was naturgemäß hätte passieren müssen, die Körper der Untoten von unten nach oben. Die Körper bleiben auf wundersame Weise heil. Sie zerquetschen nur die Köpfe. Denn dann spritzen die Gehirne. Sieht cooler aus.
Unabhängig von den Zombies verfolgt die Episode „The Bridge“ einige gute Ansätze. Es geht darum, wie man mit Feinden zusammenarbeiten kann, um die noch größeren Feinde in Schach zu halten. Ob das Zusammenleben zwischen den Guten um Rick und den Ex-Gefolgsleuten Negans, den Saviours, funktionieren kann. Ob es möglich ist, eine Gemeinschaft, eine Demokratie zu erschaffen. Es gibt Schlägereien und Auftstände.
Keine Todesstrafe
Dass im Staffelauftakt der Ex-Hilltop-Chef Gregory (Xander Berkeley) hingerichtet wurde, war spektakulär, erschien jedoch willkürlich. Er war ein Anstifter zum Mord, aber kein aktiver Täter. Dieser Punkt muss auch die „Walking Dead“-Autoren umgetrieben haben. „Let The Punishment Fits The Crime“, wie Maggie sagte? Dann hätte es nicht Gregory treffen dürfen. Nun trifft Richterin Maggie (Lauren Cohan) auf ihren echten Attentäter, der seine Gefängnisstrafe auf unbestimmte Dauer hinter Gittern absitzen muss.
„Sie behandeln mich besser, als ich es verdiene“, sagt der Mann, der selbst nicht mit dem Tod bestraft wurde. Maggie beschließt, dass er vermindert schuldfähig ist – er beichtet eine jahrelange Leidensgeschichte, die eines Alkoholikers. Er bleibt also am Leben. Kann man so entscheiden an ihrer Stelle, muss man aber nicht.
Froschparty
Die unwahrscheinlichste und deshalb großartigste Liebesbeziehung in über 100 Folgen „The Walking Dead“ bahnt sich an! Natürlich nicht die von Carol und Ezekiel. Sondern die von Jadis (Pollyanna McIntosh) und Vater Gabriel Stokes (Seth Gilliam). Einfach genial. Die beiden sitzen zusammen im Dunkeln, er ziert sich, hört der Natur zu und staunt über die „wilde Froschparty“. Stellvertreter-Orgasmen im Tierreich. Dann erzählt er von seiner Ex-Beziehung, zu einer Organistin.
Das sexistische Bild einer Frau an der Kirchenorgel spricht für sich. Seine Zuhörerin fühlt sich angesprochen. Jadis also und Gabriel – auf den ersten Blick extrem lächerlich, auf den zweiten ganz groß.
Auch, weil davon auszugehen ist, dass die Zombies dieser jungen Liebe den Garaus machen.