Krankheit, Wut und Tod: Three Mile Pilot tauchen in die Finsternis ihrer hermetischen Privatsprache
Wenn man die artworks von Three Mile Pilot betrachtet, kann einem angst und bange werden: Das Cover von „Nà Vuccà Dò Lupù“ zierte ein schwarzer Schlund, das neue Album „The Chief Assassin Tb The Sinister“ grüßt mit einem Skelett, und der liebevoll ausgestatteten, in Sackleinen verpackten Vinyl-Ausgabe hegt ein Blatt aus einem alten Biologie-Lexikon bei: „die Leber“ nebst Abbildung. Auf Plakaten drohen Adler und Anweisungen zur Benutzung von Gasmasken.
Skelettiert und ehrfurchtgebietend sind auch die musikalischen Exkursionen des Trios: Sänger und Songschreiber Pall, zu Hause im sonnigen San Diego, taucht in die Finsternis von Krankheit und Tod. Der 24jährige schreibt Texte, die an die hermetische Privatsprache von Autisten gemahnen. „Wenn es keine Worte für das gibt, was ich sagen will, erfinde ich neue“, bekennt er lapidar. So komponiert er sein eigenes Idiom vornehmlich aus den Begrifflichkeiten der Religion und Medizin.
Die Radikalität seines Formwillens befördert Irritation und Unverständnis. Palls Sound-Matrizen gelten Sprachlosen als „Alternative Rock“, seine Lyrik als – was sonst? – „depressiv“. Das kann man wohl sagen: „Die meisten meiner Songs handeln von Unglück, Wut und Tod. Ich denke oft über Selbstmord nach, aber ich spreche in Bildern. Es muß nicht jeder verstehen. Vielleicht hören Jugendliche die Musik, aber es wäre ’schlimm, wenn sie von den Texten schockiert würden. Was ich beschreibe, sind vollkommen intime Gefühle, wie in einem Tagebuch. Ich chiffriere meine Empfindungen. Manchmal nehme ich Alltags-Gegenstände als Symbole: Androsyn Guardian‘ zum Beispiel ist ein Computer-Spiel, aber für mich hat es eine geheime Bedeutung.“
Die Psycho-Dramen von Three Mile Pilot sind deshalb am Rande der Artikulation angesiedelt. Surrealisten hätten ihre Freude an dem Autodidakten Pall, der mit den Partnern Armistead Burwell Smith und Tom Zinser schon seit vier Jahren arbeitet. Ihre erste Tournee führt sie nun endlich nach Europa. Jugendforscher werden staunen, wieviel Verzweiflungszorn die „Generation X“ noch aufbringt.