Kraftwerk live in Düsseldorf: Legenden im Ehrenhof
Der Auftritt von Kraftwerk und Air zum Tour-de-France-Auftakt beendet das erste Drittel der Festivalsommers 2017. Hier unsere vorläufige Bilanz.
Die Festivalsaison läuft auf Hochtouren. Hier ein “Hurricane”, dort ein “Glastonbury”, am letzten Wochenende eine “Summer Jam”, die für die Veranstalter eher enttäuschend verlief. Hat sich Reggae und seine Drumherum-Spielarten Ende der Zehnerjahre verbraucht? Man kann nur spekulieren, inwieweit die vermeintlich boomende Festival-Landschaft in Europa irgend etwas über “Ins” und “Outs” der aktuellen Popmusik aussagt. Vielleicht ist der Gesamtmarkt ja mittlerweile gesättigt, und es kommt zum Verdrängungswettbewerb. Handel und Wandel im Haifischbecken Showbusiness.
Vor dem Hintergrund dieser Blitz durchzuckten Großwetterlage muten die punktuellen Europa-Events der Düsseldorfer Alt-Elektroniker von Kraftwerk wie Krönungsmessen an. Drei Tage Dublin und Antwerpen, dreimal eine komplett begeisterte Royal Albert Hall (binnen weniger Stunden) ausverkauft. Am Samstagabend dann ein Heimspiel zum Start der Tour De France im Ehrenhof der Düsseldorfer Museumsmeile. Rund 15.000 auf einem schwer durchnässten Rasen, als Vorgruppe waberten die sanften Soundwellen der Pariser Kollegen von Air zum Rheinufer hinüber. Deutsch-Französische Freundschaft im Zeichen der binären Musik. Kling-Klang zum Radler-Prolog.Kraftwerk selber waren gut. Mehr nicht.
Im erhabenen Rund der Royal Albert Hall kamen Kraftwerks neu designte Klangwelten weitaus erhabener. Im Publikum am zweiten Abend saßen unter anderem Marc Almond nebst Entourage, Jimmy Sommerville und das LCD Soundsystem. Aber nun gut, die runde Albert Hall wurde dereinst für Klassik und Dschingderassa-Militärmusik erbaut, hat eine spezielle Akustik, die eine Museumswiese nicht bieten kann.
Immerhin wieder ein Gastspiel in der Heimatstadt für die Fahrrad-Enthusiasten um Ralf Hütter. Später dann am Rande der Aftershow-Party fragte man sich: War das der letzte große Kraftwerk-Gig daheim. Immerhin hat Mastermind Hütter die 70 überschritten, und seine Ur-Kollegen sind im Ruhestand. Wie lautete eine Schlagzeile in der Londoner Presse zum Albert-Hall-Spektakel: “Still sounding cool at 70? Ja!”. Mehr kann man als eiserne deutsche Pop-Legende wohl nicht mehr erreichen. Zurück zum “normalen” Festvalbetrieb.