Königsmörder in Sporthosen

Kasabian spielen düstere, bedröhnte Tänze in mittlerem Tempo und werden als Seeräuberbande ganz England erobern - wenn die Geschichte ihnen hilft

Schneller als erhofft hat man ein Königreich erobert. In Großbritannien ist das von der Staatsform her naheliegend, aber es hat etwas mit der Grundsatz-Haltung vieler Bands und der berüchtigten Presse zu tun, die das alles nicht nur abbildet, sondern anfeuert. Kasabian wollen Gatecrasher sein, die die Party stürmen und seeräubermäßig die Bühne entern. Sie machen Vibes, Schwingungen – Songs erst in zweiter Linie (obwohl sie das nicht so sagen würden). Klar erzählen sie einem, dass der britische Pop seit Jahren im Lähmungskrampf liege und dass sie den nun lösen würden. Und dann steigen sie mit ihrer Platte auf Nummer vier in die Charts ein, lassen eine Woche lang fast alle hinter sich.

Die Platte, „Kasabian“, ist wirklich etwas Besonderes, nicht besonders schön: dunkel, gespannt wie ein Stolperdraht, rhythmisch eisern, wenn auch nicht sehr schnell. Stücke, die meist nur aus einem Akkord bestehen, Piratenchöre, in derselben Art stupid wie zum Beispiel die Stooges. „I just can’t stop losing control“, paroliert Sänger Tom Meighan erzürnt und bedröhnt, ein typischer Lehrling der notdbritischen Frontmänner: Happy Mondays, Primal Scream, Stone Roses. Hängertypen mit tellergroßen Pupillen, die in Trainingshosen den Palast übernehmen wollten.

Kasabian sind die nächstjüngere Generation. Als die Acid-House-Welle in den späten Achtzigern über Leicester und die West Midlands kam, waren sie eben mit der Grundschule fertig: „Die Vorstellung, ein Rave-Tape zu besitzen, war für uns damals das Aufregendste, Rebellischste, wie Punkrock“, sagt Gitarrist und Songschreiber Sergio Pizzorno. „Diese Kerle, jenseits von Gut und Böse, die sich angeschrien haben, über die Mikrofone, battling. Aber wenn die anderen in die Autos stiegen und raus in die Felder fuhren zu den Raves… wir konnten ja nicht mit den Mountain-Bikes hinterherkommen.“ Vor zwei Jahren fuhren sie dann nach bestandenem Führerschein – zu einer fancy dressparty in den Wald, fanden es angenehm und mieteten gleich zwei Zimmer in der alten Mühle, wo die Party stattgefunden hatte. „Ein Rückzugsort, ohne Ablenkungen. Ein großer See, ein kleines Studio. Wir gingen einfach an die Arbeit“ Plattenvertrag, Glastonbury. Überraschend ist nur das Lob der Provinz, das sie immer noch singen. „Wenn man nach Wigan oder Stoke-On-Trent oder fucking Shrewsbury geht – da interessieren sich die Leute einen Scheiß dafür, was in abgehobenen Londoner Zirkeln passiert“, sagt Sänger Tom Meighan. Kasabian wohnen jetzt auch in London. Nah am Palast.

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