Knapp 35 Jahre nach „Je t’Aime…moi mon plus“ zollt Jane Birkin ihrem Mentor und Geliebten Serge Gainsbourg ein letztes Mal musikalisch Tribut – und zwar orientalisch
Ihr Name scheint immer noch untrennbar mit dem genialischen französischen Songpoeten Serge Gainsbourg verbunden – und sein Erbe scheint sie irgendwie nicht loszulassen. „Vor vier Jahren wurde ich gefragt, ob ich mit einem Programm meiner Wahl beim ‚Festival d’Avignon‘ auftreten wollte“, erinnert sich Jane Birkin. „Ich sagte zu, und mein künstlerischer Leiter schlug daraufhin vor, mir die Rai-Gruppe Djam & Farn und ihren algerischen Geiger Djamel Benyelles anzuhören, die Serges ‚Elisa‘ aufgenommen und dem Song eine ganz neue dramatische Dimension gegeben hatten. Ich war begeistert.“ Der erste gemeinsame Auftritt war so erfolgreich, dass sich weitere Konzerte in Frankreich und das dabei aufgenommene Album trübes „ne“ anschlössen, auf dem sich auch Gainsbourg-Lieder wiederfinden, die zufälligerweise von… Birkin handeln. „Nachdem ich Serge verlassen hatte, wurde ich für ihn quasi zum Sprachrohr, mit dem er seinen Schmerz ausdrückte. Oft sang ich im Tonstudio, und Serge stand weinend hinter der Glasscheibe“, erinnert sich Birkin an die Zeit nach der Trennung 1980, in der sie gemeinsam ihr Album „Baby Alone In Babylone“ aufnahmen. Dennoch hatte sie vor Jahren erklärt, sie wolle seine Songs aus ihrem Bühnenprogramm verbannen. Das neue Werk soll nun endgültig das letzte sein, auf dem sie Gainsbourgs Lieder singt – weiteres Umarrangieren ausgeschlossen. Ein Album mit lateinamerikanischen Versionen werde es jedenfalls nicht geben, sagt sie lächelnd, aber bestimmt.
In Frankreich ist Birkin eine Ikone, aber dass sich das neue Album auch jenseits des frankophonen Raumes so durchsetzte, war eine Überraschung für sie. „In London hatte ich unglaubliches Lampenfieber. Wir hatten gerade zehn Nächte in Paris gespielt, und die Menschen haben mit mir ‚La Javanaise‘ gesungen. Als ich dann nach London fuhr, dachte ich: Dort werden sie nicht ,La ‚Javanaise‘ mitsingen, sie werden Djamel nicht mögen, sie können womöglich nicht einmal mit orientalischer Musik etwas anfangen! Aber natürlich waren die Engländer wundervoll, und in den Zeitungen stand danach Je t’aime Jane‘ und ‚And God created Jane‘, was ja Vadims Titel für Brigitte Bardot war.“ (Roger Vadim drehte 1956 den Film „Et Dieu… crea la femme“ mit Bardot in der Hauptrolle.) Besonders prekär scheint diese Parallele, da Gainsbourg mit Birkin zusammenkam, nachdem er von der Bardot verlassen wurde, was bei Birkin zu Minderwertigkeitskomplexen führte. Eine späte Genugtuung also für eine Künstlerin, die in Großbritannien mehr als drei Jahrzehnte kaum beachtet wurde. VCfenn sie in London jemand auf der King’s Road erkannt habe, dann nur die Japaner, erzählt sie schmunzelnd – und wurde nun mit der OBE-Medaille des britischen Königshauses ausgezeichnet wurde. „Ich hätte nie erwartet, dass mein Heimatland mir so viel Liebe entgegenbringt, schließlich habe ich die letzten 35 Jahre allen erzählt, wie großartig Frankreich ist. Ich habe den Preis aus den Händen des Prinzen von Wales entgegengenommen, und gerade, als sich bei mir ein wenig Stolz breit machte, wurde der nächste Empfänger aufgerufen: ,Und jetzt, für die Eier-Industrie!'“ Birkin bricht ab und schüttet sich aus vor Lachen. „Das hat mir sehr geholfen, mir des Stellenwertes der Auszeichnung richtig bewusst zu werden.“