Wie der Autor von „Der kleine Prinz“ einfach so verschwand

Warum Antoine de Saint-Exupéry am 31. Juli 1944 mit seinem Flugzeug über Korsika abstürzte, konnte nie geklärt werden. Eine Spurensuche.

Am 31. Juli 1944 startete Antoine de Saint-Exupéry, der vielleicht berühmteste französische Schriftsteller der Neuzeit und auch ein besonnener Flieger, zu einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer. Es war ein gewöhnlicher Einsatz während des Zweiten Weltkriegs, doch Saint-Exupéry kehrte nie zurück.

Was folgte, war ein jahrzehntelanges Rätsel, das Historiker, Luftfahrtenthusiasten und Leser seiner Werke gleichermaßen beschäftigte.

Saint-Exupéry gelang mit „Der kleine Prinz“ ein lebensphilosophisch-poetisches Kultbuch. Es wurde nach seinem Erscheinen im Jahr 1943 in vierhundertsiebenundfünfzig Sprachen und Dialekte übersetzt. Sein Schöpfer wurde als literarisches Genie verehrt, war aber auch ein erfahrener Pilot. Er flog im Zweiten Weltkrieg für die Freien Französischen Streitkräfte, absolvierte gefährliche Missionen, auch über feindlichem Territorium. Sein Flugzeug, eine Lockheed P-38 Lightning, startete an jenem Schicksalstag von Korsika aus. Der Auftrag war klar: Luftaufnahmen deutscher Truppenbewegungen in Südfrankreich zu machen. Doch irgendetwas ging schief. Fakt ist: Der fliegende Schriftsteller stürzte ab. Seine Leiche wurde aber nicht gefunden.

Fund von Armband und Wrackteil erst Jahrzehnte später

Der erste Hinweis auf Saint-Exupérys Schicksal kam erst Jahrzehnte später, im Jahr 1998, als ein Fischer vor der Küste von Marseille ein silbernes Armband fand. Darauf eingraviert waren der Name seiner Frau, Consuelo, und seine Adresse in New York. Dies löste neue Spekulationen und eine intensive Suche nach weiteren Hinweisen aus.

"Der kleine Prinz" wurde 1943 in New York veröffentlicht und ist ein poetisches und philosophisches Werk im Gewand einer Kindergeschichte. Das Buch ist nach der Bibel das am zweithäufigsten übersetzte Werk der Welt
„Der kleine Prinz“ wurde 1943 in New York veröffentlicht und ist ein poetisches und philosophisches Werk im Gewand einer Kindergeschichte. Das Buch ist nach der Bibel das am zweithäufigsten übersetzte Werk der Welt

Im Jahr 2000 wurde ein Wrackteil eines Flugzeugs in der Nähe der Fundstelle des Armbands entdeckt. Untersuchungen bestätigten, dass es sich um Teile einer Lockheed P-38 handelte. Taucher und Historiker waren sich bald sicher: Sie hatten Saint-Exupérys Flugzeug gefunden.

Doch das Rätsel war damit noch nicht gelöst. Warum stürzte der erfahrene Pilot ab? Wurde er abgeschossen oder war es ein technischer Defekt?

Ein deutscher Kampfpilot namens Horst Rippert gab 2008 an, Saint-Exupérys Flugzeug am 31. Juli 1944 abgeschossen zu haben. Rippert, damals im Dienst der Luftwaffe, behauptete, er habe erst nach dem Krieg erfahren, wen er abgeschossen hatte. Er bedauerte dies nach eigenen Angaben zutiefst, da er ein Bewunderer von Saint-Exupérys Büchern war. Beweise, die seine Behauptung bestätigten, gab es aber nicht.

Das Verschwinden von Antoine de Saint-Exupéry bleibt also nach wie vor ein Mysterium. War es ein tragischer Unfall, ein technisches Versagen oder doch der Abschuss durch feindliche Flugzeuge? Eine Aura des Ungeklärten und wohl auch eine destruktive Romantik haben sich über seinen Tod gelegt. Vielleicht ist das ganz passend für einem Mann, der uns mehr über die Bedeutung des Lebens, der Freundschaft und der Liebe hinterlassen hat als die meisten anderen Autoren.

Chesnot Getty Images
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