kleine fluchten
Andreas Johnson ist ein ruheloser Mensch. Ein Haus in Stockholm, eine Wohnung in London, ein Ex-Girlfriend in New „ibrk, wo er auch vier Jahre wohnte. „Ich muss in Bewegung bleiben“, meint er beim netten Promo-Plausch in Köln, „nur dann fühle ich mich zu Hause.“ Gute zehn Jahre ist es her, dass Johnson – nachdem eine Karriere als professioneller Hockeyspieler ob der kleinen Körpergröße ausschied – seine schwedische Heimat in Richtung US-amerikanische Ostküste verließ, um ein Rockstar zu werden und es Mama und Papa gegen deren Willen gleichzutun. Die Eltern Johnson sind Jazzmusiker, die ihren Sohn vor dem Ungemach des Musikantenlebens bewahren wollten und die Gabe des Sprößlings entsprechend nicht gerade förderten. „Mittlerweile sind sie meine größten Fans und schärfsten Kritiker“, redet Sohn Andreas sich raus, und man spürt, dass er sich zu diesem ROCK n I ROLLThema längst schon seine Gedanken machen musste. „Sie sind immer in der Nähe… und sie lassen mich wissen, wenn ihnen etwas nicht gefällt.“ Oh je -wäre man ein Hobbypsychologe, man ahnte hier einen Zusammenhang zu Johnsons streng geordnetem Pathospop, der mit viel Hingabe die Oberflächen poliert und sich um Himmels Willen keine Blöße gibt. Auf seinem zweiten Album, das auch noch „Deadly Happy“ heißt, ist wieder jedes Lied ein Kunstgriff und jedes Riff eine Ikone – Andreas Johnson ist kein Mann fürs nackte Gefühl, sondern einer, der seine Musik mit viel handwerklicher Souveränität detailliert vom Ziel aus entwirft. Doch der Künstler widerspricht: JEin Song muss mich berühren, wenn ich ihn allein zur Gitarre singe, erst dann ist es okay, über Overdubs und Produktionsweisen nachzudenken.“ Die unbenommen beizeiten gelungene Musik der zweiten Platte hat Johnson allesamt auf der Tour zum letzten Album J^iebling“ verfasst „Für mich ist es gut, so zu arbeiten, ich laufe dann nicht Gefahr, zu clever werden zu wollen.“ Ach, Gott. „Ich frage mich manchmal, warum ich mich nur dann wohl fühle, wenn ich unterwegs bin“, sinniert Johnson offenherzig, „meine Songs handeln schließlich nicht vom tollen Leben auf der Straße, sondern davon, etwas festhalten zu wollen und davon, wie schwierig es ist, seine Beziehungen auf die Reihe zu kriegen.“ Wir sehen da keinen Widerspruch. Jörn Schlüter