Klangfarbenfrage

Mit grellen Gummitwist-Instrumentais liegen The Go! Team aus Brighton zwischen modernen Beats und Kitsch-Nostalgie

Was für schöne, schöne Musik, und wie viel sie über den verrät, der sie sich ausdenkt! So dekorativ und Brooklyn-Block-romantisch bei The Go! Team die schwarzen Musikelemente eingesetzt werden, die rappenden Kindergartenkinder und BMX-Rad-Scratches, das kann nur ein Weißer gemacht haben. Einer, der sich vom Erwachsenenleben überfordert fühlt, denn diese Stücke klingen exakt so grellorange sonnenverblichen, trompetenschmetternd und Mattel-Autoheroisch wie die Titelmelodien der Fernsehserien, die man als Kind gut fand, wenn man heute Anfang 30 ist. Und sich, mit miesem Gewissen, eigentlich zu alt für Popmusik fühlt. „Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass…“, sagt Ian Parton, weiß, Anfang 30, aus Brighton, der hinter The Go! Team steht. „… naja, ich bin schon stärker von der Vergangenheit beeinflusst als von aktueller Musik. Aber es ist mehr so, dass ich mir die Sachen rauspicke, aus den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern, Neunzigern, die passen. Es geht bei der Gruppe keineswegs darum, dass sie einem spezifischen Retro-Stil entspricht.“

Einen eigenen Charakter kann man der Go! Team-Musik wirklich nicht absprechen, auch wenn man sie kitschig findet – es sind Stücke, die sich auf angenehme Art selbst nicht sicher zu sein scheinen, wozu sie auf der Welt sind, knallende, kurze Instrumentalausbrüche. Raps und Gesängen werden mehr im Stil von Fundstücken eingebaut, wie bei den Weltmusik-Patchworks, die David Byrne, Eno und Malcolm McLaren Anfang der Achtziger veröffentlichten (eine der von McLaren damals entdeckten Doublc’Dutch-Turngruppen nahm Parton sogar für zwei Go! Team-Stücke auf). Dass Ian Parton sein Geld erst als Dokumentarfilm-Redakteur verdiente, für den Discovery Channel nach Grönland, Argentinien und Sibirien fuhr, passt lustigerweise dazu: Erst sammelt er die Dinge, dann verströmt er sie wieder.

Dabei besteht die neue Platte „Proof Of Youth“ kaum mehr aus Samples. Seit den Tagen, in denen der frustrierte Indierock-Drummer Parton am Küchentisch lustige Klangcollagen mit dem Vierspurrekorder machte, hat sich The Go! Team zu einer richtigen Band entwickelt, die im Studio die eigenen Beiträge so lange auf Cojo-Kassetten hin- und herüberspielt, bis sie tatsächlich wie alte Samples klingen. Eine Klangfarben frage: Bollywood-Geigen erinnern ihn an Sirenen, sagt Parton, oder an Gitarren-Freakouts à la Sonic Youth, Trompetenstöße , schreiende Kinder. Woran man merkt, dass tiefere Zusammenhänge, die über den reinen Effekt hinausgehen, beim Go! Team eher nicht zu finden sind.

„Man kann das, was man liebt, von überall her zusammensuchen, ob aus dem eigenen Leben, einer Dokumentation oder einer fiktionalen TV-Serie“, sagt Parton. „Diese Haltung, dass man so zu klingen hat wie die Welt, aus der man stammt – die war mir immer suspekt.“ Das hört man. Oder besser: Das hört man nicht..

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates