Kings Of Leon beim Lollapalooza: Blink, blink, bitte bitte kauft das neue Album „Walls“!
Kings Of Leon sind heute die einzige Stadioband ohne affige Bühnenshow. Ihr Backkatalog besteht aus beeindruckenden Singles, aber die Band geht nun in Richtung Schlager. Der Headliner-Auftritt beim Lollapalooza in Berlin am Samstag.
Trotz der Hits wie „Sex On Fire“ und „Use Somebody“ sind die Kings Of Leon die einzige Stadion-Band, die live auf Gimmicks verzichtet. Kein Laufsteg ins Publikum, keine Konfetti-Bomben, keine Pyro-Effekte, kein aufblasbares Riesenschwein, das übers Publikum schwebt. Allen Verlockungen standgehalten, und das im 16. „Dienstjahr“.
Umso unterhaltsamer ist das, was auf ihren Leinwänden zu sehen ist. Hier durfte sich vielleicht, so wirkt es zumindest, ein Mediengestalter der Abschlussklasse 1997 austoben: Liveaufnahmen der Band, in ein Polaroid-Format gepresst, und die Polaroids natürlich schräg, also auf „verrückt“ gestellt.
Moment, scheinen die „Kings“ sich außerdem METHODEN DER WERBEPSYCHOLOGIE zu bedienen? Während der aktuellen Single „Waste A Moment“ wird der Titel des kommenden Albums, „Walls“, wie durch ein Tachistoskop eingeblendet – grell, in Hochgeschwindigkeit, für Millisekunden. In der Industrie benutzt man das um unterschwellig Anreize zu schaffen. Ziel: „Verhindern von Abwehrreaktionen gegen das beworbene Produkt oder die werbende Firma“ – also, Leute, kauft die Platte im Oktober, „Walls“ heißt sie!
Nackte Frau und Kussmund
Ein letztes Mal wird sich der Mediengestalter voll ins Zeug gelegt haben, als das Piktogramm einer nackten Frau gezeigt wird, über die sich ein Kussmund legt. Alte Stones- und AC/DC-Schule, das Ergebnis von Rockstar-Ideen halt, die sich mit „Konzeptern“ zusammengesetzt hatten. Aber auch diese Darstellung von Frauen erscheint wie aus einer anderen Ära.
Der Titel „Waste A Moment“ klingt zwar wie ein abgelehnter Claim aus der Sportwerbung, und die Southern-Rock-Band aus Tennessee entwickelt sich zunehmend in Richtung Schlager – der zweite neue Songs des Abends, „Over“, könnte auch von den Killers stammen. Dennoch fahren sie eine noch immer beeindruckende Reihe von Singles auf, gespeist aus sechs Alben: „The Bucket“, „Radioactive“ und vor allem „Supersoaker“. Vielleicht liegt die Magie dieses Songs darin, dass zwei Instrumente (Schlagzeug und Rhythmusgitarre) ein hohes Tempo vorgeben, während die anderen beiden (Bass und Leadgitarre) mit ihren Tönen eher langsam spazieren gehen; man hat das Gefühl, beides gleichzeitig zu wollen, rennen und innehalten.
Manchmal wirken die vier Followills so, als fehle ihnen die Distanz zu ihrem Superstar-Dasein. Es gibt einen Song, der „Fans“ heißt, und Caleb Followill bedankt sich beim Lollapalooza-Publikum mit den Worten: „Für uns ist es keine Selbstverständlichkeit die besten Fans der Welt zu haben!“ Das könnte fast Satire sein.
„California Waiting“ von 2003, „Sex On Fire“ von 2008 und „Waste A Moment“ von 2016 haben ihre gewissen Ähnlichkeiten. Deren Grundlage ist, wenn man so will, die Melodie des Lebens der Kings Of Leon. Ihr Nummer-Eins-Hit „Sex On Fire“ sei ja, samt des Titels, aus einer Jamsession entstanden, die nicht ganz ernst gemeint gewesen sein soll. Aber das Lied hat die Musiker aus Nashville in die Arenen gespült.
Seit Jahren spielen die Kings Of Leon „Sex On Fire“ als letztes Stück, und klar, der Song ist geil. Nur, ob die Band ihn als Highlight oder Rausschmeißer versteht, das ist nicht ganz klar.