Keith Richards: Der coolste Mann der Welt
Zum 80. Geburtstag des Rolling-Stones-Gitarristen
Seit mindestens 50 Jahren ist jede Erzählung von Keith Richards anekdotisch.
Er wird bei einer Drogenrazzia verhaftet, bei der Marianne Faithfull einen Schokoriegel zweckentremdet hat. Er stürzt in der Bibliothek von der Leiter. Eine Kokosnuss fällt ihm auf den Kopf. Er sei in der Kindheit sehr schüchtern gewesen, heißt es. Und eigentlich hat er sich immer im Hintergrund gehalten. In einem Dokumentarfilm sitzt er in einem Sessel und spielt versonnen einige Akkorde, während er erzählt: von den großen Gitarristen, von den Ursprüngen des Blues, vom Songwriting. Es sieht aus, als würde er niemals mehr von diesem Sessel aufstehen. Als kämen Howlin‘ Wolf, Muddy Waters und Chuck Berry gleich zur Tür herein.
In Dartford, Kent, wurde Richards am 18. Dezember 1943 geboren, ein Kriegskind wie Mick Jagger. Er ging in Dartford zur Schule und später auf das Londoner Sidcup College, eine Kunstschule. Sein Großvater spielte in den 30er-Jahren in Jazzbands und weckte Keiths Interesse am Gitarrenspiel. Seine Mutter schenkte ihm eine Westerngitarre, die er gegen eine elektrische Höfner eintauschte. Er sammelte Schallplatten und spielte Duke Ellington und Louis Armstrong nach.
Im Herbst 1961 traf er auf dem Bahnsteig in Dartford Mick Jagger wieder, den er aus der Grundschule kannte. Jagger studierte in London. Die Legende will es, dass Richards einen Stapel Blues-Platten mit sich trug. Jagger sang gelegentlich bei Alexis Korners Blues Incorporated. Richards begleitete ihn. Und bald kamen Ian Stewart und Brian Jones hinzu. Im Sommer 1962 nannten sie sich The Rolling Stones. Keith Richards ging vom College ab. Sie spielten eine Weile Songs von Bo Diddley, Buddy Holly und Chuck Berry nach wie fast alle Bands damals in London, aber von 1964 an schreiben Richards und Jagger eigene Lieder, inspiriert von ihrem Manager Andrew Loog Oldham und dem Beispiel der damals schon erfolgreichen Beatles. „The Last Time“ war 1965 ein Hit. Dann kam „(I Can’t Get No) Satisfaction”.
Man kann darüber deliberieren, welche die wichtigste Band aller Zeiten ist. Paul McCartney hat sich in später Zeit darauf eingelassen. Er wollte die Rolling Stones würdigen, doch es klang wie: „Sie spielen nur Blues.“ Aber die Rolling Stones kennen unendlich viele Arten, den Blues zu spielen. Keith Richards spielt mit einem einzigen Riff den Blues auf unterschiedliche Weisen. Sie verstehen es, „Boy meets Girl“ immer wieder anders zu erzählen. Seit 60 Jahren.
Keith Richards hat seine erste Soloplatte, „Talk Is Cheap“, 1988 herausgebracht, weil Jagger zwei Platten gemacht hatte. Jagger war ehrgeizig, Richards überhaupt nicht. Sie beleidigten einander, machten weiterhin Alben mit den Rolling Stones, gingen wieder auf Tournee. Nachdem Richards eine Platte seines Freundes als „Dogshit In The Doorway“ bezeichnet hatte, nahm Jagger keine Soloplatte mehr auf.
In einem Bulletin zu seiner Gesundheit sagte Keith Richards: „Ich habe so viel Kokain genommen, dass ich es nicht vermisse. Ich glaube, das Kokain hat aufgegeben.“
Heute wird der coolste Mann der Welt 80 Jahre alt.