Kein Talent fürs Tagebuch

Vor sechs Jahren veröffentlichte Nick Lowe sein letzes Album. Seitdem ist viel passiert. Dem neuen Werk hört man die einschneidenden Veränderungen im Leben des frisch gebackenen Vaters jedoch nicht an

Hyperproduktiv konnte man Nick Lowe selbst dann nicht nennen, als er mit dem Power-Pop-Blueprint „Cruel To Be Kind“ im Sommer 1979 durch die US-Top 40 rauschte. Doch sechs Jahre Funkstille seit dem letzten Album „The Convincer“ legen schon die „Folge von Dramen“

nahe, die „alle irgendwann ereilen: Geburten, Hochzeiten, Todesfälle. Es ging Schlag auf Schlag“, und das hat selbst den Ex-,Jesus Of Cool“ „völlig aus dem Tritt gebracht“. Verstarben die Eltern „nach einem langen, erfüllten Leben“ noch erwartungsgemäß, war die Ankunft von Roy „schon ein Schock, denn ich dachte nie, dass ich mal Kinder haben würde“. Lowe, 58, lacht. „Sie interessierten mich auch nicht.“ Gut, er hatte damals Tiffany adoptiert, die Tochter seiner Carlene Carter. Aber die war sechs! Und damit war „die “ gröbste Arbeit getan“. Nein, bei Löwe läuft man nicht Gefahr, einen „dieser komplett vernarrten Papas“ zu erwischen, die selig vom Windel wechseln berichten. „Der Kleine kann schon eine Nervensäge sein, besonders für jemanden, der bisher so selbstbezogen gelebt hat. Mein Leben hat sich nicht zum schlechteren verändert, aber manches ist schrecklich.“ Reichten Löwe in der Vergangenheit „zwei richtig gute Songs“, um im Studio fix in die Gänge für ein Album zu kommen, ging es deshalb bei „At My Age“ nur langsam und stückweise voran. Zumal der Brite nicht mehr „der Tagebuchtyp“ wird, der private Malaisen brühwarm für die Öffentlichkeit hochkocht. „Wenn mir etwas Furchtbares passiert, besteht meine erste Reaktion jedenfalls nicht darin, mir eine Gitarre zu schnappen.“ So hört sich das neue Album für ihn „fast wie eine Compilation an“.

Dabei konnte sich Löwe auch wieder aufsein Gespür für „nicht schon hundert Mal gehörte“ Covers verlassen, wie Faron Youngs „Feel Again“ und das bisher unveröffentliche Charlie-Feathers-Demo „The Man In Love“. Während sein „Love’s Got A Lot To Answer For“ geradewegs der großen Country-Soul-Ära entsprungen sein könnte. „Die Covers“, sagt Löwe, „müssen wie eigene Songs klingen – und meine Songs so, als ob ich sie nicht geschrieben hätte. Bis du nicht mehr weißt, wo das eine anfängt und das andere aufhört. Ich werde schnell ungeduldig mit meinen Songs, weil ich meine Tricks durchschaue. Ich bin nur glücklich damit, wenn ich glaube, den Song eines anderen zu singen. Und es braucht viel Arbeit, um etwas so klingen zu lassen, als hätte es überhaupt keine Arbeit erfordert, als hätte man diese Zwei-Minuten-Nummer mal eben an einem Nachmittag zusammengehauen!“

Das Stichwort für Chrissie Hynde. Ein, tja, Todesfall führte sie mal wieder zusammen. Das Duett auf der Trauerfeier für einen befreundeten Fotografen platzte zwar, weil Hynde sich das Bein brach. Löwe schaute vorbei, „um ihr einen Teller Suppe zu machen“, was mit einem gemeinsamen Song für das Comeback des Sixties-Soulers Howard Tate endete. Als Löwe wenig später mit „People Change“ nicht weiterkam, fragte er die Pretenders-Frau um Rat. „Sie sagt immer, was sie denkt, auch wenn man das oft nicht hören möchte. Hier hieß es: Zu viele Worte, der Teil muss dahin.

der dahin, das kürzer – und ich singe im Refrain mit! Wie konnte ich dem widerstehen?“

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