Kein Foto für Hamburg
Warum Sallie Ford & The Sound Outside trotzdem Knipser sind
Die Frage nach dem Fotoalbum in ihrem Blog berührt bei Sallie Ford unvermutet eine empfindliche Stelle. Die Bilder hat Ford mit dem iPhone gemacht, die App Hipstamatic sorgt für den künstlichen Sofortbildeffekt. Darauf angesprochen, gluckst die Songschreiberin mit der Vintage-Brille verlegen: „Wenn ich mehr Geld habe, kaufe ich mir eine richtige Polaroid-Kamera.“ Ein halbseidenes Retro-Faible will sich die Tochter eines Puppenspielers aus North Carolina aber nicht nachsagen lassen: „Ich selbst war nie ein Fake.“
Dass Ford und ihre drei Mitmusiker nicht zu jener Spezies oberflächlicher Pop-Hipster gehören, die aus rein modischen Gründen der Musik vergangener Jahrzehnte nachspüren, wird sofort klar, wenn man das ebenso altmodische wie kesse Debütalbum „Dirty Radio“ hört. Es macht sich gar nicht erst die Mühe, den schwarzen Rhythm & Blues und den weißen Rock’n’Roll zu einer neumodischen Travestie umzudeuten. Dass Ford wahrhaftig etwas am musikalischen Erbe Amerikas liegt, schreit sie schon im ersten Song „I Swear“ heraus. „What have these people done to music/ They just don’t care anymore.“
In ihrer Anklage an das Formatradio klingt sie wie Ella Fitzgerald, besessen von einer Dämonin namens Patti Smith. „Ich wollte Musik machen, an die sich Frauen früher nicht herangetraut haben – mit Ausnahme von Wanda Jackson“, ergänzt sie. Und so pendeln The Sound Outside zwischen swingendem Rockabilly und spröderem Garage Rock, während Ford ihre Stimme dehnt wie Tom Waits. Nur wegen dessen Reeperbahn-Songs hat sie sich einst Hamburg angesehen. Fotos hat sie damals nicht gemacht, es hat ihr nicht gefallen. christoph dorner