Karneval: Köln ohne „Charlie Hebdo“-Wagen
In Köln verzichtet man beim Rosenmontagszug auf einen Umzugswagen, der den Anschlag auf das französische Magazin "Charlie Hebdo" satirisch aufgreifen sollte.
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Tausende Menschen gingen nach dem Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satireblatts „Charlie Hebdo“ in Paris und in vielen anderen europäischen Städte auf die Straße, um für Toleranz und Meinungsfreiheit zu demonstrieren. Der empathische Appell „Je Suis Charlie“ wurde von Millionen Menschen rund um den Globus im Netz geteilt. Aber wenn es tatsächlich um Situationen geht, in denen für die offene Meinung und das Recht auf Satire gekämpft werden muss, scheint all das gleich wieder vergessen zu sein.
In Köln will man für den Rosenmontagsumzug auf einen Wagen verzichten, der den Angriff auf „Charlie Hebdo“ satirisch aufgreifen sollte. Das ursprünglich geplante Motiv: Ein Jeck steckt einem Terroristen einen Buntstift in den Waffenlauf. Der Entwurf hatte sich gegenüber anderen Bildideen bei einer Umfrage auf Facebook durchgesetzt.
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Das Karnevalskomitee wies unterdessen Berichte zurück, wonach bestimmte Gruppen ihre Furcht davor geäußert hätten, in der näheren Umgebung des Wagens mit zu laufen. Das Komitee bekräftigte, dass es hinter der Botschaft des Motivgefährts stehe, aber aufgrund von besorgten Mitbürgern auf die Freigabe verzichte.
„Einen Persiflagewagen, der die Freiheit und leichte Art des Karnevals einschränkt, möchten wir nicht“, schrieb das Komitee zur Begründung. Vor wenigen Tagen noch verteidigte Zugleiter Christoph Kuckelkorn die Idee, auf die Ereignisse in der französischen Hauptstadt zu reagieren: „Dazu sagen wir ganz klar Ja, denn die Angriffe waren ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit – im Karneval auch bekannt als Narrenfreiheit.“
Immer wieder werden bei dem alljährlichen Karnevalsumzug mit bestimmten Motiven auch Tabuthemen berührt. Eine politisch unkorrekte Sicht auf Gesellschaft und Zeitgeschehen ist gerade Teil des Karnevalprinzips. Da verwundert es, warum die Veranstalter in diesem Jahr vor einem eigentlich eindeutigen Zeichen gegen den Terror zurückschrecken.
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Schon im letzten Jahr mahnte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker laut „Spiegel Online“ an, dass man mit solchen Bildern auch weltweit gesendet werde und so eine Vorbildfunktion in Sachen Meinungsfreiheit erfüllen könne. Er hob aber auch hervor, dass dies eher bei den Karnevalsumzügen in Düsseldorf geschehe, während die Kölner „kreuzbrav“ blieben.