Manitu-Aufguss: Am Ende bleiben nur Witze übers Witze-Machen
Bully will wieder Winnetou durch den Kakao ziehen. Doch diesmal sind die Vorzeichen andere als 2001.
Die Produktion eines zweiten Teils von „Der Schuh des Manitu“ zeigt, dass ihr Erfinder und Hauptdarsteller Michael „Bully“ Herbig entweder ein Wahnsinniger ist – oder getrieben von dem Gedanken, es allen zu zeigen, was mit Humor noch möglich ist.
2001 gelang dem Schöpfer der „Bullyparade“ mit dem Ursprungsfilm ein Mega-Hit. Die Winnetou-Parodie belegte monatelang die Kinosäle und zählt als einer der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten. Das Erfolgsrezept des Films wurde hernach in unzähligen Feuilleton-Artikeln mal mit gerümpfter Nase, mal mit Hochachtung vor dem volkskomödiantischen Riecher Bullys durcherklärt. Der Western war für die Deutschen eben schon immer vor allem ein hochromantisiertes Kitschgebiet und kein Abbild für gesellschaftliche Prozesse im History-Gewand.
So passten denn auch die Albereien über grimmige oder geistig beschränkte Ureinwohner ins Bild. Sie wurden in der öffentlichen Debatte über den Film (damals noch am Montag im Büro und nicht nur auf Twitter) genauso wenig beanstandet wie die Cowboy-Killer-Kommandos, die mit dem Furor deutscher Bürokraten vorgehen. Und dann verpasste Herbig seinem Ulk-Trio auch noch einen proseccoschäumenden Queer-Drall, der sich damals als Öffnung des konservativen, alle homosexuellen Tendenzen negierenden Macho-Filmgenres lesen ließ, inzwischen aber als Versuch verstanden wird, die Schwulen- und Lesbengemeinde mit Hilfe von Plüschklischees durch den Kakao zu ziehen.
Winnetou ist zum Trigger-Wort geworden
Man fragt sich also, was „Das Kanu des Manitu“, wie die Fortsetzung heißen soll, 2025 im Kino zurückholen will, das vom Zeitgeist nicht schon längst in die Büchse geschoben wurde. Man musste schon in einem Bauernhaus in der Pampa leben, um nichts von der dröhnend lauten Diskussion um Karl May, Winnetou, Indianer-Spiele in der Kita und generell den Diskurs über kulturelle Aneignung mitbekommen zu haben.
Unabhängig davon, dass der vielleicht gar liebste Schriftsteller der Deutschen auch schon in früheren Jahrzehnten kritisiert wurde und heute womöglich von Jüngeren gar nicht mehr gelesen wird (nicht weil es Spannenderes gebe, sondern weil seine Themen dem Nachwuchs nichts mehr sagen), wird auf dem Rücken einer deutschen Kulturikone einfach ein gesellschaftspolitischer Konflikt ausgetragen, der in seiner akademischen Natur manchen Kinogängern von damals gar nichts sagt. Er findet nun aber bei einer größeren Bevölkerungsschicht Anklang, auch in seiner verharmlosten, hochsensiblen Form. Wird Bully sich also diesmal verheben?
In der Talkshow „3 nach 9“ sagte er über „Der Schuh des Manitu“: „Den Film habe ich vor 22 Jahren gemacht und es war eine Parodie auf Filme, die vor 60 Jahren im Kino waren. Die Comedy-Polizei ist so streng geworden“. Es ginge in seinem märchenhaften Film eher um die Verwirklichung von Träumen und weniger um eine Bewertung gesellschaftlicher Realitäten.
Auch Bully ist ein anderer geworden
Noch ist von dem Sequel über den Titel und die naheliegende Hauptbesetzung hinaus noch nichts bekannt. Herbig ist, anders als damals, einer der bekanntesten und mit Blick auf die Auswahl seiner Themen auch versiertesten Popcornfilm-Regisseure des Landes. „Der Schuh des Manitu“ bezog seinen Reiz zur Jahrtausendwende auch aus seiner frech-subversiven Haltung heraus, mit den Mitteln des Fernsehens das wankende Hollywood-Kino anzugreifen. Oder Deutschlands Unfähigkeit, es wenigstens in Ansätzen zu kopieren. Diese Chuzpe steht Bully gar nicht mehr zur Verfügung, so dass die Angst vor einem enthemmten Klamotten-Humor, wie er ja ehrlicherweise in „Der Schuh des Manitu“ – allerdings mit gutem Gespür für ehrliches Klamaukhandwerk – zum Tragen kommt, völlig unberechtigt ist.
Jede Wette, „Das Kanu des Manitu“ wird nicht im Geiste eines beleidigten Gottschalks gedreht, dass man jetzt nicht mehr öffentlich sagen darf, was man am Frühstückstisch zuhause vom Stapel lässt. Vielmehr dürfte sich der diplomatische Bully, der im Amazon-Erfolgsformat „LOL“ nicht umsonst den zwar amüsierten, aber auch pedantischen Schiedsrichter gibt und nicht irgendeinen scharfzüngigen Comedy-Dämon wie Ricky Gervais, eher der Herausforderung annehmen, noch einmal ein Millionenpublikum zu finden. Das geht heute eben nicht mehr mit wahllos ins Dickicht geschossenen Humor-Pfeilen.
Wenn er die Zeichen der Zeit erkannt hat, dann wird er sich mit seinem Film vielleicht auch über den Ernst der Debatte um kulturelle und gesellschaftliche Identitäten lustig machen. Denn das ist auch die Aufgabe von Komik: der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Am Ende werden die besten Witze in „Manitu 2“ solche sein, die sich über den Spagat, Witze zu machen, ohne Menschen damit zu verletzten, schlapplachen.