Kaltes Blau: So waren The xx im Admiralspalast in Berlin
Gestern Abend stellten The xx ihr neues Album "Coexist" im live im Berliner Admiralspalast vor. Sebastian Zabel war für uns vor Ort - und am Ende nicht ganz überzeugt.
Als nach vier Minuten der Vorhang fiel, hinter dem die Band ihren flirrenden Sound ausbreitete, sah man auch nicht wirklich klarer, wohin sich The xx bewegen. Das Konzert im schönen, leicht überfüllten Admiralspalast an der Berliner Friedrichstraße fiel in zwei Hälften: zunächst spielte das gefeierte Trio aus London quasi rhythmusfrei, webte Songs ihrer beiden Alben zu einem endlos geflochtenen Klangband, zu nahezu unterschiedslos und filigran blubbernder Unterwassermusik – passend zum dominierenden Blau der übrigens großartigen Lightshow – und dann, nach gut einem halben Dutzend Tracks, setzte schließlich ein Beat ein. Und der blieb dann.
The xx haben mit ihrem selbstbetitelten Debut (2009) und mit „Coexist“ (2012) zwei herausragende Alben produziert, die frühe New Wave (Durutti Column, Young Marble Giants, Cure, New Order) mit dem (Elektro-)Stand der Dinge verbinden. Dabei klangen ihre kargen, prägnanten Rhythmen auf eigentümliche und aufregende Weise analog. Das ist mit dem zweiten Album ein bisschen, mit dem Live-Auftritt fast völlig verschwunden. Die vielversprechendste Band unserer Tage steht an einem Scheideweg – das war am Dienstagabend in Berlin zu sehen. Während vorne auf der Bühne Romy Madley Croft (Gitarre, Gesang) und Oliver Sim (Bass, Gesang) wie ein inniges Geschwisterpaar agierten und ihren unterkühlten an Everything But The Girl erinnernden Wechselgesang pflegten, stand Jamie Smith (Elektronik, Schlagwerk) erhöht im Hintergrund und hatte erst kaum etwas und später sehr viel zu tun. Doch egal ob riskant und rhythmusfrei oder ordentlich und eher konventionell böllernd – immer waren ihre Songs fragmentarisch, skizzenhaft, zerrissen. Dennoch wirkten sie an diesem Abend wie zwei 60-Minuten-Medleys, hielten sie durchgängig eine Temperatur und Stimmungslage: Kaltes Blau, würde ich sagen.
Das Publikum jubelte fast frenetisch. Es bejubelte jeden Break, jede karge Gitarrenlinie, jedes Soundfragment, das mehr verhieß. Am Ende verbeugten sich Romy und Oliver leicht linkisch vor dem Publikum, Jamie verschwand im Off. Niedlich wirkten sie da, so unfassbar jung.
Die Band der Stunde, zweifellos. Eine Band auch, die noch immer im Werden und Wachsen ist.
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