Josh Rouse: Flucht aus der großen Stadt
Man könnte das widersprüchlich finden: Just in dem Moment, in dem Josh Rouse seiner Wahl-Heimat den Rücken kehrt, ehrt er die Stadt mit einem Album namens „Nashville“ – das trotz gelegentlicher Pedal Steel so gar nichts gemein hat mit dem Klischee, das man von der Musikmetropole im Kopf hat. „Das kann man eigentlich nur verstehen, wenn man dort gelebt hat“, erklärt Rouse. „Für die Leute, mit denen ich in Nashville zu tun hatte, ist dieser ganze Country-Kommerz ewig weit weg. Viel mehr als um einen bestimmten Stil geht es um Songwriting: Nirgendwo in der Welt entstehen so viele Lieder. Ich habe von vielen grandiosen Songschreibern dort gelernt, mit wenigen Akkorden etwas auszudrücken, ein Gefühl musikalisch umzusetzen. Das ist eine große Kunst, deren ewige Verfeinerung das Thema von Nashville ist.“ Freilich auch das Thema von Josh Rouse, der für sein neues Album wieder prächtige Lieder geschrieben hat, vielleicht die besten bisher.
Mit sanfter Zurückhaltung und seiner erprobten Band im Rücken singt Rouse seine bislang schlichtesten, traditionellsten Songs, die große innere Ruhe ausstrahlen. „Es gibt diese Leute noch in Nashville: Songwriter, die sich mit einer Gitarre in die Ecke setzen und einen Song kommen lassen können – ganz natürlich, absolut überzeugend“, schwärmt Rouse. „Die Platte soll diese Leute ehren. Und die Stadt, in der ich so viel Gutes erlebt habe.“
Aber eben auch nicht so Gutes: Seine Ehe scheiterte, er geriet in eine Sinnkrise, und am Ende stand der Umzug ins kleine spanische Ortchen Altea, wo er nun mit neuer Freundin und Familienanschluss lebt. Ein unbedingt nötiger Neuanfang sei das gewesen, sagt Rouse, aber auch eine Flucht vor der Großstadt, vor Reklamewänden, Kabelfernsehen und dem information overload, der dem zarten Künstler wohl arg zugesetzt hatte. „Es ist schon eine Art Entzug“, so Rouse, „aber ich komme wegen der Musik genug raus, um nicht den Blick dafür zu verlieren, wie gut mir das Leben hier tut.“