John Lennon: Sein Tod und die Geschichte seines Mörders

Der Tod von John Lennon hinterließ eine riesige Lücke. ROLLING STONE blickt auf seine Ermordung zurück und beleuchtet das Leben seines Mörders.

„Double Fantasy“

Im Sommer und Herbst 1980 arbeiteten John Lennon und Yoko Ono in der New Yorker Hit Factory an „Double Fantasy“, Lennons letztem Album. ROLLING-STONE-Redakteur Arne Willander schrieb darüber:

„Auf dem Album sind einige der besten Stücke enthalten, die John Lennon nach „Plastic Ono Band“ schrieb – hätten „I’m Stepping Out“, „Nobody Told Me“, „I Don’t Wanna Face It“ und „Borrowed Time“ die Platte ergänzt, wäre es ein großartiges, wenn auch gar nicht modernes Rock-Album geworden. Yokos eklektische, teils rhythmisch-treibende, teils pompös-sentimentale Stücke haben die größtmögliche Distanz zu Lennons schnodderigen Gitarren-Attacken. Albert Goldman nennt „(Just Like) Starting Over“ einen „Rückgriff auf den alten Stil“, „eine verkrampfte und aufgemotzte Lappalie“ – doch das Stück ist vielmehr eine rührende Reminiszenz an die frühen Tage des Rock’n’Roll.“

Was noch fehlte, war ein Label, das die LP veröffentlichen sollte. Für den Vorschuss von einer Millionen Dollar sowie 50 Prozent der Tantiemen an den Songs bekam David Geffen den Zuschlag. Keinen Cent weniger als Paul oder Mick wolle Lennon bekommen, so zumindest die Aussage des damaligen Chefs von Atlantic Records, Bruce Lundvall.

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Romantik

Das Foto auf dem Cover entstand während eines Spaziergangs im Central Park, unweit vom Dakota Building. Die Fotografin Kishin Shinoyama erinnerte sich an den Tag im September: „Einige Leute grüßten John und Yoko. Sie gingen Hand in Hand, beide in Schwarz gekleidet, und lächelten. Während ich fotografierte, sprachen sie miteinander. Langsam spazierten wir an eine ruhige Stelle im Park, wo niemand in der Nähe war. Ich bat sie darum, sich zu küssen – und das taten sie. Es war ein perfekter Moment. Aber das Motiv, das auf dem Cover von „Double Fantasy“ zu sehen ist, ist das allererste Foto, das ich im Park aufgenommen hatte.“

John Lennon Yoko One Double Fantasy Cover
John Lennon und Yoko Ono auf dem Cover von „Double Fantasy“.

Die erste Single „(Just Like) Starting Over“ landete im Oktober 1980 in den Top Ten der amerikanischen Charts, das Album später auf Rang elf. Bruce Springsteens „The River“ belegte zu Lennons Verwunderung den ersten Platz.

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In seiner Unzufriedenheit über die George Martins Arrangement von „Strawberry Fields Forever“ schrieb Lennon Songs, die von Einfachheit geprägt sind. Im Gespräch mit dem britischen Journalisten Andy Peebles sagte er: „Latent habe ich noch immer das Gefühl, ein Macho sein zu müssen – Butch Cassidy oder der harte Lennon in der Lederjacke. In Wirklichkeit bin ich sehr romantisch und war es immer. ,Woman‘ kommt mir vor wie eine Achtziger-Jahre-Version von ,Girl‘, ich nenne es den Beatles-Track. Auf den Bermudas dämmerte mir plötzlich, was Frauen bedeuten, nicht als Sex-Objekt oder als Mutter, sondern nur durch ihren Beitrag. Was ich über die Frau denke, kann ich nicht besser ausdrücken, als ich es in diesem Lied getan habe. Es ist für Yoko, aber es gilt allen Frauen.“ Das Interview fand am 7. Dezember 1980 statt. Am nächsten Tag wurde John Lennon von Mark David Chapman erschossen.

Wer ist Mark David Chapman?

Mark David Chapman wurde am 10. Mai 1955 im texanischen Fort Worth geboren, lebte aber bereits ab dem Alter von sieben Jahren in Decatur, Georgia. Seine Eltern David und Diane waren bei der Air Force bzw. Krankenschwester. Chapmans Schwester wurde sieben Jahre nach ihm geboren. Von außen sahen die Chapmans aus wie eine typisch amerikanische Familie – im Inneren gab es jedoch große Schwierigkeiten. Marks Vater war ein distanzierter Mann, der seine Emotionen nicht einmal seinem Sohn zeigte. Oftmals schlug er seine Frau, was sein Sohn mitbekam, allerdings nicht verhindern konnte. In der Schule wurde der unsportliche und ein wenig pummelige Mark von seinen Mitschülern gehänselt.

All diese Gefühle der Hilflosigkeit führten dazu, dass Mark sehr früh in seiner Kindheit seltsame Fantasien entwickelte.

Im Alter von zehn Jahren stellte er sich eine ganze Zivilisation von winzigen Menschen vor, von denen er glaubte, dass sie in den Wänden seines Schlafzimmers lebten. Er führte imaginäre Gespräche mit ihnen und kam später dazu, sie als seine Untertanen und sich selbst als ihren König zu betrachten. Diese Fantasie existierte bis er 25 Jahre alt war – das Alter, in dem er John Lennon erschoss.

Der Attentäter: Mark David Chapman.

Von Drogen zu Jesus

Chapman schaffte es jedoch, solche seltsamen Tendenzen für sich zu behalten, und erschien denen, die ihn kannten, wie ein normaler junger Mann. Wie viele, die in den 1960er Jahren aufgewachsen sind, ließ er sich vom Zeitgeist mitreißen und konsumierte als Pubertierender regelmäßig LSD. Im Alter von 17 Jahren erklärte sich Chapman jedoch plötzlich zu einem wiedergeborenen Christen. Er verzichtete auf Drogen und den Hippie-Lifestyle, begann Gebetstreffen zu besuchen und einer starken Religiosität nachzugehen. Viele seiner Freunde zu der Zeit behaupteten, dass die Veränderung so plötzlich kam, dass sie es als eine Art Persönlichkeitsspaltung sahen.

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Bald darauf wurde Chapman Berater im YMCA – ein Job, den er mit leidenschaftlicher Hingabe genoss. Er war bei den von ihm betreuten Kindern sehr beliebt; er träumte davon, Direktor des YMCA zu werden und als christlicher Missionar im Ausland zu arbeiten. Trotz seiner Erfolge war Chapman undiszipliniert und ohne Ehrgeiz. Er besuchte kurz das Community College in Decatur, brach das Studium aber bald aufgrund des Drucks der akademischen Arbeit ab.

Anschließend flog er als YMCA-Berater nach Beirut, Libanon, um kurz darauf beim Ausbruch des libanesischen Bürgerkrieges gezwungen zu sein, die Heimreise anzutreten. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Lager für vietnamesische Flüchtlinge in Arkansas beschloss Chapman, einen erneuten Anlauf am College zu nehmen.

1976 schrieb sich Mark Chapman auf Anregung seiner äußerst religiösen Freundin Jessica Blankenship an einem religiösen College ein. Das Paar kannte sich bereits seit der zweiten Klasse. Erneut blieb Chapman nur ein einziges Semester. Chapmans Misserfolge an der Universität führten dazu, dass seine Persönlichkeit eine weitere drastische Veränderung erfuhr. Er begann, seinen Lebensinhalt und seine Hingabe an seinen Glauben infrage zu stellen. Seine wechselnden Stimmungen belasteten zudem seine Beziehung zu Jessica, von der er sich bald darauf trennte.

Gen Abgrund

Chapman wurde immer mutloser. Er sah sich selbst als Versager bei allem, was er anging und sprach häufig von Selbstmord. Seine Freunde waren um ihn besorgt, konnten aber nie ahnen, was diese Veränderung in Chapmans Temperament bedeutete. Er suchte nach einer Veränderung und auf Anregung einer Freundin, Dana Reeves – eine angehende Polizistin, entschied sich, Schießunterricht zu nehmen und eine Lizenz zum Tragen von Schusswaffen zu erwerben. Bald darauf gelang es Reeves, Chapman einen Job als Wachmann zu besorgen.

Aber die Dunkelheit um Chapman hielt an. Er entschied sich, seine Umgebung zu ändern, und zog 1977 nach Hawaii. Er unternahm mehrere Selbstmordversuche, die allesamt scheiterten. Schließlich landete er in einer psychiatrischen Einrichtung. Nach zwei Wochen ambulanter Behandlung erhielt er einen Job in der Druckerei des Krankenhauses und engagierte sich sogar gelegentlich freiwillig in der Psychiatrie.

Aus einer Laune heraus entschied sich Chapman, eine Weltreise zu unternehmen. Er verliebte sich in Gloria Abe, die Reiseveranstalterin, die ihm half, die Reise zu buchen. Die beiden korrespondierten häufig in Briefen, und nach der Rückkehr nach Hawaii bat Chapman Abe, seine Frau zu werden. Das Paar heiratete im Sommer 1979.

Obwohl sich Chapmans Leben zu verbessern schien, setzte sich seine Abwärtsspirale fort und sein zunehmend unberechenbares Verhalten beunruhigte seine Frau. Abe behauptete, dass Chapman anfing, viel zu trinken, ihr gegenüber missbräuchlich war und häufig drohende Anrufe bei völlig Fremden machte. Sein Temperament wurde immer hitziger und er war anfällig für gewalttätige Ausbrüche. Abe bemerkte zudem, dass Chapman zunehmend von JD Salingers wegweisendem Roman „The Catcher in the Rye“ („Der Fänger im Roggen“) von 1951 besessen war.

J.D. Salinger

„Der Fänger im Roggen“

Es ist unklar, wann genau Chapman Salingers Roman entdeckte. Sicher ist jedoch, dass er in den späten 1970er-Jahren eine tiefgreifende Wirkung auf ihn ausübte. Er identifizierte sich stark mit dem Protagonisten des Buches, Holden Caulfield, einem Jugendlichen, der gegen die scheinbare Falschheit der Erwachsenen um ihn herum kämpft. In der Geschichte möchte Caulfield Kinder vor den Verfehlungen des Erwachsenenalters retten. Mark Chapman sah sich selbst als einen echten Holden Caulfield. Er sagte seiner Frau sogar, dass er seinen Namen in Holden Caulfield ändern wolle. Er sei über die Falschheit von Menschen, insbesondere von Prominenten, extrem wütend.

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Die Wut auf John Lennon fußte zu diesem Zeitpunkt bereits tiefer. Dessen berühmte Aussage, die Beatles seien populärer als Jesus geworden, erschütterten den fanatisch Gläubigen und zugleich großen Beatles-Fan Mark Chapman 1966. Im Oktober 1980 veröffentlichte das Magazin Esquire einen Artikel über Lennon, das den ehemaligen Beatle als einen von Drogen besessenen Millionär porträtierte, der den Kontakt zu seinen Fans und seiner Musik verloren hatte. Chapman las den Artikel mit zunehmender Wut und sah Lennon als den ultimativen Heuchler, wie er in Salingers Roman beschrieben wird.

Als Chapman erfuhr, dass Lennon die Veröffentlichung von „Double Fantasy“ plante – sein erstes Album nach fünf Jahren –, war sein Entschluss gefasst. Er wollte nach New York City fliegen und die Ikone der Pop-Kultur erschießen.

Mark David Chapman (ältere Bilder aus dem Gefängnis)

Die Planung der Tat

Chapman kündigte seinen Job und kaufte einen Revolver vom Kaliber .38 in einem Waffenladen in Honolulu. Er besorgte sich ein One-Way-Ticket nach New York, verabschiedete sich von seiner Frau und erreichte den Big Apple am 30. Oktober 1980. Häufig ging er am Dakota Building vorbei, um die Türsteher dort nach John Lennons Aufenthaltsort zu fragen. Vergeblich. Die Mitarbeiter des Dakota waren es gewohnt, dass Fans derlei Fragen stellten und weigerten sich generell, Informationen über die verschiedenen Prominenten preiszugeben, die sich im Gebäude aufhielten.

Chapman hatte seinen Revolver mit nach New York gebracht. Nach seiner Ankunft wollte er die dazugehörigen Kugeln kaufen. Er erfuhr nun, dass nur die Bewohner des Staates New York dort legal Kugeln erwerben konnten. Chapman flog für das Wochenende in seine alte Heimat Georgia, wo ihm seine alte Freundin Dana Reeves – inzwischen ein Stellvertreter des Sheriffs – helfen sollte, das zu beschaffen, was er brauchte. Er erzählte Reeves, dass er sich in New York nicht sicher fühle und daher hohlnasige Kugeln brauchte, die dafür bekannt waren, immensen Schaden an ihrem Ziel anzurichten.

Mit der gewünschten Munition ausgerüstet, kehrte Chapman nach New York zurück. Nach all der Zeit hatte sich Chapmans Entschlossenheit jedoch verringert. Später behauptete er, dass er eine Art religiöse Erfahrung gehabt habe, die ihn davon überzeugt habe, dass sein Plan falsch sei. Er rief seine Frau an und erzählte ihr zum ersten Mal, was er vorhatte. Gloria Abe hatte Angst vor Chapmans Geständnis. Sie rief jedoch nicht die Polizei, sondern flehte ihren Mann einfach an, nach Hawaii zurückzukehren. Er tat es am 12. November 1980. Chapmans Sinneswandel währte nicht lange. Sein seltsames Verhalten setzte sich fort und am 5. Dezember 1980 reiste er wieder nach New York. Diesmal ohne Wiederkehr zu seiner Frau.

Der zweite Versuch

Auf seiner zweiten Reise nach New York checkte Chapman aus finanziellen Gründen in einem Hostel ein.  Allerdings fühlte er sich dort nicht wohl und zog am 7. Dezember ins Sheraton Hotel. Er unternahm tägliche Ausflüge zum Dakota Building, wo er sich mit mehreren anderen John-Lennon-Fans anfreundete. Darunter befand sich ein Amateurfotograf aus New Jersey namens Paul Goresh, der ebenfalls regelmäßig vor dem Gebäude stand und den Lennons bekannt war. Goresh unterhielt sich mit Chapman und kommentierte später, wie wenig Chapman über John Lennon und die Beatles zu wissen schien, obwohl er behauptet hatte, ein begeisterter Fan zu sein.

Chapman besuchte das Dakota in den nächsten zwei Tagen regelmäßig. Jedes Mal hoffte er, Lennon zu treffen und sein Verbrechen zu begehen.

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8. Dezember 1980

Am Morgen des 8. Dezember zog sich Mark Chapman warm an. Bevor er sein Zimmer verließ, arrangierte er sorgfältig einige seiner wertvollsten Gegenstände auf einem Tisch. Dazu gehörte eine Kopie des Neuen Testaments, in der er den Namen Holden Caulfield sowie den Namen Lennon nach den Worten „Gospel According to John“ geschrieben hatte. Er arrangierte die Gegenstände für eine maximale Wirkung, da er erwartete, dass die Polizei das Zimmer nach seiner Verhaftung durchsuchen würde.

Nachdem er das Hotel verlassen hatte, kaufte er ein neues Exemplar von „Der Fänger im Roggen“ und schrieb die Worte „This is my statement“ auf die Titelseite. Chapmans Plan war es gewesen, der Polizei nach der Tat nichts zu sagen, sondern ihnen einfach ein Exemplar des Buches zu übergeben, um seine Handlungen zu erklären.

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Chapman trug das Buch und eine Kopie von „Double Fantasy“ bei sich und machte sich dann auf den Weg zum Dakota, wo er sich mit Paul Goresh unterhielt. Die Lennon-Mitarbeiterin Helen Seaman kam wenig später mit Sean Lennon, dem damals fünfjährigen Sohn des Ex-Beatle, an ihnen vorbei. Goresh stellte ihnen Chapman als Fan vor, der den ganzen Weg von Hawaii hierher gekommen war. Chapman schien begeistert und schwärmte davon, wie süß der Junge war.

John Lennon selbst hatte unterdessen einen arbeitsreichen Tag im Dakota. Nachdem er mit Yoko Ono für die ROLLING-STONE-Fotografin Annie Leibovitz posiert hatte, ließ er sich die Haare schneiden und gab Dave Sholin das letzte Interview seines Lebens.

Ein letztes Mal ins Studio

Gegen 17 Uhr bermekte Lennon, dass er spät dran war, um für Aufnahmen ins Studio zu fahren. Yoko Onos neue Single „Walking On Thin Ice“ musste fertig gestellt werden. Sholin bot den Lennons eine Fahrt in seiner Limousine an, da ihr eigenes Auto noch nicht angekommen war. Beim Verlassen des Dakota wurde Lennon von Paul Goresh empfangen, der ihn mit Chapman bekannt machte. Chapman übergab Lennon seine Kopie von „Double Fantasy“, um sie von ihm signieren zu lassen. Goresh hielt den Moment mit seiner Kamera fest – das letzte Foto von John Lennon zeigt ihn mit seinem späteren Mörder.

Es ist unklar, warum Chapman diese Gelegenheit nicht genutzt hat, um Lennon zu töten. Später erinnerte er sich daran, dass er einen inneren Kampf führte. Seine Besessenheit, den Musiker zu ermorden, ließ jedoch nicht nach. Trotz Chapmans inneren Bedenken war der Drang, den Sänger zu erschießen, zu überwältigend. Er wartete vor dem Gebäude auf die Rückkehr John Lennons, lange nachdem die meisten anderen Fans gegangen waren.

Die Tat

Die Limousine mit John Lennon und Yoko Ono kam gegen 22:50 Uhr wieder am Dakota an. Yoko verließ zuerst das Fahrzeug, gefolgt von John. Chapman begrüßte Ono mit einem einfachen Hallo, als sie an ihm vorbeiging. Dann passierte ihn Lennon. Chapman trat in die Einfahrt des Dakota, ging in die Knie und feuerte zwei Schüsse in John Lennons Rücken. Lennon fiel zu boden. Chapman drückte drei weitere Male ab. Zwei Kugeln landeten in Lennons Schulter, die dritte ging daneben.

Lennon gelang es, in die Lobby des Dakota zu laufen, wo er schließlich zusammenbrach. Yoko Ono folgte ihm hinein und geriet in Panik. Der Nachtwächter des Dakota hielt das Geschehen für einen Witz, bis er sah, wie das Blut aus Lennons Mund und Brust floss. Sofort rief er den Notruf an und bedeckte Lennon mit seiner Uniform.

Als die Polizei ankam, fanden sie Chapman unter der Laterne des Tores sitzend. Ruhig las er in „Der Fänger im Roggen“. Der Mörder unternahm keinen Fluchtversuch und entschuldigte sich wiederholt bei den Offizieren für die von ihm verursachten Probleme. Sie nahmen Chapman umgehend fest und setzten ihn in einen ihren Streifenwagen. Den Beamten war nicht bewusst, dass das Opfer der berühmte John Lennon war. Vielmehr stellten sie fest, dass seine Wunden zu ernst waren, um auf einen Krankenwagen zu warten. Sie setzten Lennon auf den Rücksitz eines ihrer Streifenwagen und fuhren ihn in die Notaufnahme des Roosevelt Hospital. Lennon war noch am Leben, konnte aber kaum auf die Fragen der Polizisten antworten.

Fans von John Lennon, eine Stunde nach den tödlichen Schüssen beim Dakota Building.

John Lennon ist tot

Das Krankenhaus wurde über Lennons Ankunft informiert, die darauf ein Seelsorger-Team beriefen. Sie versuchten alles Erdenkliche, um sein Leben zu retten – ohne Erfolg. Zwei der Kugeln hatten seine Lungen durchbohrt, während eine dritte seine Schulter traf. Von der Schulter war sie abgeprallt, hatte die Aorta beschädigt und in seine Luftröhre geschnitten.

John Lennon starb in der Nacht vom 8. Dezember um 23:07 Uhr an massiven inneren Blutungen.

Die Nachricht von Lennons Tod verbreitete sich schnell, nachdem der Sportreporter Howard Cosell die Tragödie inmitten eines Football-Spiels im Fernsehen bekanntgab. Bald darauf kamen Fans aus der ganzen Stadt zum Dakota, um Andacht für die getötete Ikone zu halten. Als sich die Nachricht über die ganze Welt verbreitete, war die Öffentlichkeit schockiert.

Lebenslange Haft

Mark David Chapmans Prozess war kurz, da er sich für schuldig bekannte, einen Mord zweiten Grades begangen zu haben. Er behauptete, Gott habe ihn dazu aufgefordert. Als Chapman bei seiner Verurteilung gefragt wurde, ob er eine letzte Aussage machen wolle, stand er auf und las eine Passage aus „Der Fänger im Roggen“ vor. Er wurde zu zwanzig Jahren bis lebenslänglicher Haft verurteilt.

Im vergangenen August scheiterte er mit seinem zehnten Gnadengesuch. In zwei Jahren darf Chapman den nächsten Antrag stellen. In der Begründung des Bewährungsausschusses heißt es, dass eine Entlassung „unvereinbar mit dem Wohlergehen und der Sicherheit der Gesellschaft wäre und das ernste Verbrechen so abwerten würde, dass es den Respekt für das Gesetz untergraben würde“.

Als Motiv gab Chapman später die Sehnsucht nach Ruhm an. Der Bewährungsausschuss urteilte, der Mord war eine „gefühllose Missachtung der Heiligkeit des menschlichen Lebens und des Schmerzes und Leids anderer.“ Nicht auszuschließen sei auch, dass Chapman selbst nach einer Freilassung umgebracht werden könnte – wiederum von jemandem, der sich Bekanntheit durch dessen Ermordung verspricht. Mehrfach hatte Yoko Ono sich in der Vergangenheit an den Bewährungsausschuss gewandt und sich gegen die Freilassung ausgesprochen: Sie gefährde ihre Sicherheit und die ihres Sohnes Sean.

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